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Turkei aktuell Januar 2016 A4

TÜRKEI AKTUELL JANUAR 2016 7 Explosion durch einen vermeintlichen Selbstmordanschlag auf die vom Zusammenschluss sozialistischer Jugendverbände in der Türkei (SGDF) zusammengekommenen Menschen insgesamt 33 ums Leben gekom- men und 104 wurden verwundet. Bei einem Bombenangriff wiederum durch Selbstmordattentäter auf der Kundgebung für Arbeit, Demokratie und Frieden in Ankara am 10.10.2015, auf der sich Menschen aus der ganzen Türkei versammelt hatten, wurden insgesamt 101 Menschen getötet, 406 wurden verwun- det und haben dauerhafte körperliche Behinderungen erleiden müssen. Bei gewalttätigen Anschlägen bewaffneter Organisationen kamen 2 Zivi- listen, 8 Polizisten, 4 Fachoffiziere, 4 Politiker, 1 Arzt, 1 Gemeindevorste- her, 1 Arbeiter, 2 Journalisten ums Leben und 19 Zivilisten, darunter 1 Kind, 18 Polizisten, 4 Fachoffiziere, 3 Polizisten, 2 Arbeiter wurden dabei verletzt. Wie zu sehen ist, stehen mit dem Beginn der bewaffneten Gefechte auch die Rechtsverletzungen an der Tagesordnung. Der derzeitige Zustand ist nur mit dem bewaffneten Gefechtszustand oder mit einem Kriegszu- stand zu beschreiben. Die anhaltenden bewaffneten Gefechte bilden einen Zustand zur Durchführung des 3. Paragraphen der Genfer Konven- tion, welches das Zivilrecht spezifiziert und von der Türkei auch akzep- tiert ist. Demgemäß wiederholen wir unsere Parole “Nein zum Krieg, Frieden jetzt erst recht”. Den Frieden fassen wir als “das heilige Friedensrecht der Völker” wie in der Akte der Vereinten Nationen auf. Wir verstehen den Frieden als einen Zustand, in der die Menschenrechte und die Freiheiten akzeptiert, geschützt und erweitert werden. Wir wollen keine Konflikte/Gefechte. Wir wollen Demokratie. Autonomie/Selbstverwaltungsforderungen In der Lösung aller ethnischen Fragen auf der Welt stellt die Selbstver- waltung/Selbstbestimmung eines Volkes eines der ausschlaggebends- ten Prinzipien dar. Begriffe und Konzepte wie die Autonomie der lokalen Verwaltungsorgane, die Selbstverwaltung aus den Gemeinden, die auto- nome Verwaltung, die demokratische Autonomie, die föderative Autono- mie müssen enttabuisiert, in der Öffentlichkeit verwendet und offen diskutiert werden können. Die Türkei hat die UN-Konvention “Internatio- naler Pakt über bürgerliche und politische Rechte“ am 15.08.2000 unter- schrieben. Paragraph 1 beinhaltet das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Nach diesem Recht können Völker frei über ihren politischen Sta- tus bestimmen und in Bezug hierauf über ihre ökonomische, soziale und kulturelle Entwicklung entscheiden. In diesem Sinne ist es für die Türkei eigenartig, in Bezug auf das Selbstbestimmungsrecht der Völker eine leugnen lassende Haltung aufzuweisen, da sie auf Grund der Akzeptanz des “Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte“ ver- pflichtet ist, den Inhalt des Pakts auch anzuerkennen und auszuführen. So bedeutet die ominöse/negative Haltung und die Drohungen gegen- über der 14 Punkte enthaltenden Erklärung zur Selbstverwaltung vom Kongresses der Demokratischen Gesellschaft (DTK) vom 27.12.2015 die Leugnung der UN-Menschenrechtskonvention, der UN-Konvention “In- ternationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte“ und anderer Konventionen der UN und ihrer Konferenzen. Falls die Türkei das Selbst- bestimmungsrecht der Kurden ignorieren sollte, so würde sie sich aus dem UN-System ausschließen und könnte sogar mit einer UN-Interven- tion konfrontiert werden. Die Kurden können ihre Forderungen nach einem politischen Status in Form von Autonomie oder Selbstverwaltung ausdrücken. Die Reaktion der politischen Führung/der Regierung oder anderer politischen Organi- sationen auf diese Forderungen und auf ihre Veröffentlichung dürften ihr Ausmaß nicht in einem Parteiverbotsverfahren, der Anschuldigung des Vaterlandverrats und der Inhaftierung der Beteiligten finden. Im Endef- fekt stellt diese Forderung und ihre Veröffentlichung eine politische For- derung dar. Über die zum Ausdruck gebrachte Forderung kann diskutiert, verhandelt werden, sie kann in ihrer ursprünglichen oder abgeänderten Form akzeptiert oder aber abgelehnt werden. Der türkische Staat ist eine auf die türkische Ethnie und die sunnitische Auslegung des Islams basierende organisierte Staatsform. Diese Staats- form ist in der Verfassung der Türkei als ein Nationalstaat untermauert. Den diesen Nationalstaat sich aneignenden Verfechtern in Form von In- dividuen und Institutionen sind anscheinend jegliche grundlegenden Menschenrechte unbekannt. Wir verurteilen all diejenigen, die sich auf die dem Volk zwangsweise zu Zeiten des Notstands auferlegten Verfassung aus der Zeit der Militär- junta vom 12. September 1980 berufen. Die Putschisten sind tot, die Ver- fechter ihrer Verfassung lassen die Putschisten jedoch weiterleben. Diese sich "Nationalen" nennende Kreise rufen wir auf, die über den Na- tionen stehende und grundlegende Menschenrechte schützende Kon- ventionen anzuerkennen. In diesem Rahmen denkt der Menschenrechtsverein (IHD), dass die Menschenrechte sowohl in Einheitsstaaten wie in Frankreich oder auch in föderativen Staatsformen wie in der Schweiz und in Deutschland ge- schützt und durchgeführt als auch entwickelt/ausgeweitet werden kön- nen. Wichtig sind dabei die Anerkennung und die Durchführung der Prinzipien und Werte der Menschenrechte und ihrer Standards. Dass der Kongress der Demokratischen Gesellschaft (DTK ) oder die De- mokratische Partei der Völker (HDP) oder aber ein anderes ziviles oder politisches Gebilde das Regime im Land kritisiert, ihr Vorschläge unter- breitet, hierfür Erklärungen veröffentlicht und versucht, eine öffentliche Meinung hierfür zu bilden, ist völlig legitim und stellt unseres Erachtens das Ausleben der Demokratie dar. In der Mitteilung des DTK heißt es “diese Erklärung stellt eine dynami- sche Suche zur Diskussion und Versöhnung. Sie ist für Vorschläge und Änderungen offen”. Hierdurch wird erhofft, dass die Vorschläge in der Öffentlichkeit diskutiert werden, um gemeinsam einen Konsens finden zu können. Die Meinungsäußerung, die Erstellung eines Programms in Bezug auf diese Thematik betrachten wir als ein Recht im Rahmen der Meinungs- äußerungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit. Individuen, Gruppen, Bürger können sich diesen Vorschlägen anschließen oder diese auch ablehnen. Wir finden es jedoch nicht demokratisch, wenn Urheber dieser Vor- schläge an den Pranger gestellt und gegen sie Verfahren eingeleitet wer- den. Die IHD hat im Kurdenkonflikt immer für eine friedliche Lösung plädiert. Wir bestehen nach wie vor an unserer Position, fordern deshalb die so- fortige Beendigung der Gefechte und rufen die beteiligten Seiten zum Waffenstillstand auf. Aus den bisher erlebten negativen Ereignissen der letzten Monate rufen wir alle Seiten auf, den Waffenstillstand zu bekräfti- gen und innezuhalten. Wir unterstützen die am 28.02.2015 zwischen der türkischen Regierung und Abdullah Öcalan vereinbarte "Dolmabahce Versöhnung" zur Beile- gung des Kurdenkonflikts und fordern, die aus dieser Versöhnung durch- zuführenden Vereinbarungen in die Tat umzusetzen. Wir fordern die Regierung auf, die Isolation von Abdullah Öcalan aufzuheben, damit er die für die Beilegung/Lösung des Kurdenkonflikts im Weg stehenden Hindernisse bereinigen kann, die erforderlichen administrativen, juristi- schen und politischen Grundlagen zur Realisierung der Verhandlungen durchzuführen und so schnell wie möglich mit den Verhandlungen zu beginnen. IHD (Der Menschenrechtsverein) TÜRKEI AKTUELL JANUAR 20167

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