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TuWas_04_ePaper

16 | TuWas | Juni - Oktober 2014 SPLIT TER S plitter sind schmackhaft, wenn sie aus Mandeln bestehen und können aber auch sehr schmerzhaft sein. Je- der von uns hatte bestimmt schon einmaleinensolchenimFinger,amFußoder an anderer Stelle. Der T-800 würde sich bestimmt im Grabe umdrehen. Das Wollen und Können sind zwei Paar Schuhe - gebraucht haben wir Läufer beide am letzten Sonntag im April. Am Vortag zur Startkartenausgabe war das Wetter gegen Mittag noch passabel, be- wölkt und leicht windig. Dazu hatte sich der Veranstalter 23 kleine Messestände einge- laden, die sich allesamt kurz über 7.000 EUR an der Finanzierung des Großevents betei- ligt hatten - der Erlös aus Kuchen- und Brat- wurstverkauf nicht mitgerechnet. Wenn man uns bei unserer geplanten Ver- anstaltung, die wir vorhatten, um Bielefeld alsSportstadtzupräsentieren,dieoffenund familiär allen religiösen Gruppierungen, inkludierter und integrierter gegenüber stand,unterstellte,nurGeldmachenzuwol- len, uns persönlich zu bereichern, dann sei Euch hiermit - kostenlos und unbezahlbar - eine Bewusstseinserweiterung angeboten. Zu den anfänglichen Umsätzen gesellen sich die Sponsorings sowie Anzeigenplat- zierungen im Ausschreibungsheft. Dazu die Startgelder, die sicherlich nicht bei allen gleich hoch waren. So zahlen Mitglieder der Vereine,dieEPsundVPsaufbauen,sowiebei den Genehmigungen helfend zur Seite ste- hen, erheblich weniger. Mitglieder des Aus- richtervereins starten zum Beispiel , wenn sie denn bereits eine 12monatige Mitglied- schaft hinter sich gebracht haben, ebenfalls vergünstigt. Damit widersprechen sie aber der Einver- ständniserklärung des eigenen Ausschrei- bungsheftes,denndortistgeschrieben,"Ich bestätige, dass ich von niemandem für die Teilnahme [...] eine Vergütung oder andere Vorteile erhalte." Aua, selbst geschnitten. Ach Du schande, es blutet schon. Dazu kommen die Cupteilnehmer, die be- reits im September des Vorjahres ihren Startplatz sicher haben - ebenfalls zu Son- derkonditionen! Es folgen solche auch für Gewinnspiele und Sponsorenplätze. Auch das Einlegen eines Flyers in den Klei- derbeutel ist nicht kostenlos mit rd. 250,- EUR (Schätzung / pro Werbeträger). Und es waren viele Flyer im Beutel. AbAnfangJanuarstartetdannalljährlichdie Meldung;abererstseitKurzem,denninden VorjahrenmusstederTodestagdesNikolaos Myriotes, einem der bekanntesten Heiligen der lateinischen- wie Ostkirchen herhalten. Der Run beginnt online. In diesem Jahr gab es Serverprobleme. Dazu erhielten Melder eine Fehlermeldung gegen 00:00 Uhr zum offiziellen Meldestart. Bei Anderen ging es aber reibungslos, hatte man sich denn den Anmeldelink aus dem Vorjahr gemerkt und statt der 13 am Ende die 14 eingesetzt. Dort auf der Zeitnehmerwebseite war die Mel- dung schon am Vortag um 23:45 Uhr frei- geschaltet worden. Nachdem der Lauf nach elf Stunden nun- mehr ausgebucht war, schufen Veranstal- ter, Zeitnahmefirma und Medienpartner im Frühling eine sogenannte Startplatzbörse, in der vorangemeldete Teilnehmer nun ih- ren Startplatz gegen eine Gebühr von 10,- EUR tauschen konnten. So wurde es kom- muniziert - am Tag des heiligen Valentin. Biszum13.AprilseidieBörsegeöffnet.Dann am 12. April hieß es, es sei nun bis zum 17. April, um dann sieben Tage vor der Veran- staltung immer noch eine offene Börse vor- zufinden. Zudemverwunderteeszunächst,dassdann drei Tage vor der Veranstaltung plötzlich noch Seriensieger an Startkarten kamen, obwohldieUmmeldebörsemittlerweilege- schlossenwar.SomitwarderLaufnieausge- bucht. Alle Zusagen darüber entsprechen also nicht der Wahrheit. Da war der Bericht im örtlichen TV-Sender vorab, der von der perfekten Organisation zeugen sollte, auch nicht hilfreich, denn der Orga-Chef besprach sich darin mit seinem Stift und sagte, dass die Früchte in der gel- ben Schale, die unlängst eine neue Rassis- mus-Debatte entflammt hatten, noch feh- len.DerHelferkannteabernichtdieTelefon- nummer und wandte sich deshalb an den Orga-Chef. Dieser hatte die Nummer of- fensichtlich auch nicht und meinte, er müs- se dann noch wen Anderes anrufen. Es ist eben nicht alles Gold, was glänzt - so die Anlehnung an William Shakespeares' li- terarisches Moment im 'Kaufmann von Ve- nedig'. Positivist,dassdiemodrigenReisebusseaus den Ende Neunziger Jahren nun durch mo- derne Reise- und Stadtbusse ersetzt wur- den. Das Negative jedoch überwiegt. Der Veran- stalter kassiert ab mit der übermäßig hohen Startgebühr, verdient sich mit der Ummel- debörse locker 6.000 EUR dazu. Dazu kom- menfindigeAdd-OnsmiteinerLoungetime in einem Restaurant für 11,50 EUR mit Ca- tering und Extra-Angeboten wie Tapering, PreRace-Massagen und dem Angebot, oh- ne Warteschlange auf eine Toilette gehen zu können. Insbesondere der Stuhlgang stellt ein menschliches Bedürfnis dar und dafür Geld zu verlangen ist Abzocke. Insgesamt macht so ein Veranstalter sicher 300.000 EUR Umsatz. Dafür fehlen an der Strecke die Helfer mit Blickkontakt, die der Verband von uns doch so wehement gefor- dert hatte. Dann fehlen die Markierungen der Wurzeln mit Öko-Leuchtfarbe, wie wir sie unter Anderem aus einem kleinen Ort bei Schloß Holte-Stukenbrock kennen, aber auch aus Lengerich, Lage und Petershagen. Die Dose kostet ja auch nur 8,- EUR und bei diesem Lauf braucht man bestimmt 100 Stück. Aber da der Umsatz ja so derart klein ist, spart man sich das ebend. Dann kommt der Sanitätsdienst, der zwar Teilnehmer bei andeutender Überbean- spruchung aus dem Rennen nimmt, aber keine Medikamente verabreicht oder Mas- sagen anbietet. Das hat jeder Läufer akzep- tiert, als er sich angemeldet hat. Doch was das bedeutet, kein Insulin, keine Salbe, kein Eisspray. Zerrung hin oder her, hast dann Pech gehabt. Dazu kommen die vielen Gefahrensituatio- nen, diese Engstellen an denen die Strecke 20 cm breit ist. Kein Rettungsdienst kommt dahin! Und eine Genehmigung dürfte es dafür auch nicht geben. Das haben wir ja schon bei dieser elektronischen Musikpara- deinderStadtimRuhrgebietmitdemgröß- tenBinnenhafenEuropasgesehen.Wennal- so das Stadtoberhaupt dahinter steht, dann geht alles. Wir haben ja gesehen, wozu das führen kann. Wir leben hier in Deutschland und eigent- lich haben die Sanitäter doch die Pflicht zu helfen, anstatt gelangweilt im Auto zu sit- zen und dem Radio zu lauschen. Das Fass zum Überlaufen brachte dann die Medaille mit dem Logo des Veranstalters vorne in der Mitte. So sollen alle Kinder in ihrer frühkindlichen Entwicklung dauerhaft auf das Logo fixiert werden. In der Nachberichterstattung der lokalen Medien kam auch der Kiwi, der in der Hei- mat der Nudeln beheimatet ist, zu Wort. Er 'adelt'(e) die Veranstaltung sogar. Er wird zi- tiert damit, dass er glaube, eine ganze Re- gion sei auf den Beinen. Nur mal für ihn, in derRegionOstwestfalenwohnenzweiMilli- onen Menschen und die waren bei dem Re- genwetterbeileibenichtda.Nochnichtein- mal 2,5% von denen. In Paderborn zum Lauf an Ostern, schaff- ten es immerhin 13,71% der Bürger zum Zu- schauen, was auch am Klima liegen mag. Der Bielefelder Veranstalter ist auch jener, der gerne die Paderborner runterputzt. 'Wir sind besser', 'haben einen landschaft- lich schöneren Lauf', 'nur ein Rennen mit wesentlich mehr Teilnehmern' sowie 'kei- ne geschönigten Zahlen mit gemeldeteten Teilnehmern und tatsächlichen Finishern'. Das Verbandsmagazin des FLVW 'Westfa- lenSport' berichtet in seiner April-Ausga- be vom 'renommierten Hermann [...]' sowie vomVereinalsTop-Adressefürausländische Spitzenathleten. EingutgemeinterRat:AuchderTeutolaufin Lengerich hat 29 km. Er findet im goldenen Oktober statt und bietet beeindruckende- re Landschaften. Dazu gibt es ab sofort nur noch 2.000 Startplätze, um den familiären Charakter beizubehalten. Nachgetreten ein Kommentar TEXT/Illustration:benjaminfritzsch

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