6362 SPRECHEN & SCHREIBEN den Verlauf nehmen. Gewöhnlich bedeutete dies eine Strafe, die in einem direkten Verhältnis zum Druck stand. Der Zorn hatte jedoch eine Schwäche. So wie die Lokomotive festgelegten Bahnen folgte, war er vorhersehbar. Als der Minderjährige dies erkannte hatte, konnte er das Geschehen steuern. Es galt nur, dem Vater bewusst zu machen, dass der Sohn dem Ende vorgegriffen und es bereits akzep- tiert hatte. Sofort löste sich der Dampf auf und nach einer Weile kam die Wut von allein zum Stehen. Einmal machte er jedoch den Fehler, selbst die Zunge zu wölben. Als der Vater die Miene ent- deckte, verlor er zum ersten Mal die Beherrschung. Eine Sicherung brannte durch und plötzlich brüllte er in seiner unverständlichen Muttersprache. Au- genblicklich schoss die rechte flache Hand durch die Luft. Die Kraft war so groß, dass sich der Sohn einmal um seine eigene Achse drehte. Während der Vater das Geschehene ungeschehen zu machen suchte, erkannte er, dass es nur einen Erstling ge- ben durfte. Aber auch, dass er selbst, minderjäh- rig, aber verschlagen, eine Macht besaß, die seine Herkunft infrage stellen konnte, ohne etwas an ihre Stelle zu setzen. Er fliesst über Er wusste, dass es in seinem Inneren eine Bereit- schaft gab, das zu nehmen, was er liebte, und es kaputt zu schlagen. Wenn er das Spielzeug – das Sparschwein – oder sogar die rote Teetasse über den Kopf hob, schaute er sich grimmig um. Der Kör- per zitterte. Die Grübchen wurden sichtbar. Eine Ewigkeit verging. Wenn er den Gegenstand wieder abstellte, floss er vor Erleichterung und Wildheit über. Floss über. Floss über vor Erleichterung und Wildheit. Aus dem Schwedischen von Paul Berf Deutsche Erstveröffentlichung • SA 27.04. 21:00 Uhr / Gasteig, Black Box eine frau bei 1000° Lesung und Gespräch mit Hallgrímur Helgason Moderation: Kristina Maidt-Zinke• MI 24.04. 20:00 Uhr / Gasteig, Black Box Die Halbe Sonne Lesung und Gespräch mit Aris Fioretos Moderation: Eberhard Falcke Aris Fioretos, geboren 1960, ist schwedischer Schrift- steller griechisch-österreichischer Abstammung. Er de- bütierte 1991 mit dem prosalyrischen Band „Delandets bok“ (Das Buch der Teilung). Danach folgten mehrere Romane, Essays und literaturhistorische Studien; zudem übersetzt Fioretos Autoren wie Friedrich Hölderlin oder Vladimir Nabokov ins Schwedische. Er hat eine Reihe von Auszeichnungen erhalten, darunter den Kellgren- Preis der Schwedischen Akademie und den Literatur- preis der SWR-Bestenliste. Fioretos lebt und arbeitet in Berlin und Stockholm. Aris Fioretos, geboren 1960, ist schwedischer Schrift- steller griechisch-österreichischer Abstammung. Er de- bütierte 1991 mit dem prosalyrischen Band „Delandets bok“ (Das Buch der Teilung). Danach folgten mehrere Romane, Essays und literaturhistorische Studien; zudem übersetzt Fioretos Autoren wie Friedrich Hölderlin oder Vladimir Nabokov ins Schwedische. Er hat eine Reihe von Auszeichnungen erhalten, darunter den Kellgren- Preis der Schwedischen Akademie und den Literatur- preis der SWR-Bestenliste. Fioretos lebt und arbeitet in Berlin und Stockholm. Porträt Aris Fioretos © Sara Mac Key Porträt Hallgrímur Helgason © Marijan Murat Post-divorce, 2012, öl auf leinwand, 60x40 cm © HallgrÍmur Helgason Hallgrímur Helgason, 1959 geboren, ist einer der meistgelesenen Autoren Islands. Er studierte zunächst Malerei in München, Paris und New York, wo er mehrere Ausstellungen hatte, und fing dann an zu schreiben. Bislang hat er sechs Romane und einen Gedichtband veröffentlicht. Mit seinem Roman „101 Reykjavík“, der von Baltasar Kormákur verfilmt wurde, gelang ihm inter- national der Durchbruch. Für eine isländische Zeitung zeichnet er regelmäßig eine Comic-Serie; zudem hat er zwei Bühnenstücke geschrieben. Eine Dramatisierung seines vorletzten Romans „Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen“ wurde 2011 in Salzburg uraufgeführt. Hallgrímur Helgason, 1959 geboren, ist einer der meistgelesenen Autoren Islands. Er studierte zunächst Malerei in München, Paris und New York, wo er mehrere Ausstellungen hatte, und fing dann an zu schreiben. Bislang hat er sechs Romane und einen Gedichtband veröffentlicht. Mit seinem Roman „101 Reykjavík“, der von Baltasar Kormákur verfilmt wurde, gelang ihm inter- national der Durchbruch. Für eine isländische Zeitung zeichnet er regelmäßig eine Comic-Serie; zudem hat er zwei Bühnenstücke geschrieben. Eine Dramatisierung seines vorletzten Romans „Zehn Tipps, das Morden zu beenden und mit dem Abwasch zu beginnen“ wurde 2011 in Salzburg uraufgeführt.