2726 BILDER & ZEITEN Auf vielen Bildern, die die Welt zu sehen be- kommt, wirkt der Norden wie eine sehr idyllische Landschaft. Täuschen solche „schönen“ Bilder über die alles andere als idyllische Realität des Nordens hinweg? Eine schwierige Frage. Der Norden ist wunder- schön, Fotografien aus der Kälte können großartig sein. Vor allem aber sind sie die schwierigsten, denn die Kälte sorgt dafür, dass jede Bewegung schmerz- haft ist. Selbst das Wechseln des Films kann weh tun, nicht zu vergessen, dass man den Auslöser mit riesigen Handschuhen bedienen muss. Zudem kann es gefährlich werden, über das gefrorene Meer zu fahren, wenn das Wetter umschlägt oder das Eis zu brechen beginnt. Da bleibt einem nichts ande- res, als sich und den Jägern zu vertrauen. Vielleicht kann man den Norden wie einen Urlaubsort vorstel- len – aber die Betrachter sollten die Fotografien von dort am besten in einem Gefrierschrank ansehen, um auch ein Gefühl für diese Kälte zu entwickeln. Denn diese Kälte ist ein Geisteszustand. Sie haben als Fotograf für die Zeitung Morgun- blaðið gearbeitet und mehrere eigene Bücher veröffentlicht. Was ist der Unterschied zwischen Pressefotografie und Bildbänden? Ich denke ganz anders, wenn es um meine eigene Arbeit geht. Bei meinen eigenen Projekten betre- te ich das Leben von Menschen mit einer großen Leidenschaft für ihre Art zu leben. Zudem muss ich mir überlegen, wie ich die Dinge sehen und die Ge- schichte erzählen will. Es war toll, für eine Zeitung zu arbeiten, das war eine aufregende Zeit. Aber die Medienwelt hat sich verändert und liegt der wirklich großen Fotografie heute sehr fern. Der Dokumentarfilmer Magnús Viðar Sigurðsson hat Sie bei Ihrer Reise in die Arktis begleitet, um Ihre Arbeit zu porträtieren. Wie fühlt es sich an, wenn man selbst zum Objekt der Berichterstat- tung avanciert? Am Anfang wollte ich gar nicht gefilmt werden. Es war seltsam und ein bisschen schwierig, gleichzei- tig zu fotografieren, weil ich normalerweise allein bin, wenn ich auf den Auslöser drücke. Aber es war eine großartige Zeit mit großartigen Menschen: Zu dieser Zeit war viel los, wir flogen zweimal nach Grönland, es gab einen Vulkanausbruch, auch das ein großes Abenteuer. Diese Sequenzen sagen viel über mein Leben als Fotograf, über die Dinge, die mich faszinieren, wie etwa Vulkanausbrüche, und über das Aufregende solcher Arbeitsbedingungen. Auch zeigt der Film meine Schwarz-Weiß-Welt und mein Ansinnen, der Welt ihre Zukunft vor Augen zu führen. Auch wenn ich manchmal gescherzt habe, dass ich den Regisseur in die nächste Gletscher- spalte werfe, sollte er zu herrisch werden, ist Mag- nús ein toller Kerl. Die Kälte ist ein Geisteszustand Ein Gespräch mit dem Fotografen Ragnar Axelsson Ragnar Axelsson, geboren 1958, nennt sich selbst RAX und gilt als einer der berühmtesten isländischen Fotografen. Ab 1976 arbeitete er für die Zeitung Mor- gunblaðið, heute ist er vor allem für seine Bildbände bekannt, in denen er den Alltag der Menschen in der Arktis und das Verschwinden der nordischen Landschaft porträtiert. Im Jahr 2011 begleitete ihn der Regisseur Magnús Vidar Sigurdsson bei der Arbeit, das Ergebnis ist der Dokumentarfilm „Last Days of the Arctic“. Ragnar Axelsson, geboren 1958, nennt sich selbst RAX und gilt als einer der berühmtesten isländischen Fotografen. Ab 1976 arbeitete er für die Zeitung Mor- gunblaðið, heute ist er vor allem für seine Bildbände bekannt, in denen er den Alltag der Menschen in der Arktis und das Verschwinden der nordischen Landschaft porträtiert. Im Jahr 2011 begleitete ihn der Regisseur Magnús Viðar Sigurðsson bei der Arbeit, das Ergebnis ist der Dokumentarfilm „Last Days of the Arctic“. Gesichter des Nordens: Gudjon Thorsteinsson mit seinem Pferd; Fischer Axel mit seinem Hund Tyri; Narwaljäger in Thule/ Qaanaaq, Grönland. © Ragnar Axelsson