Dokument wird geladen
Pflegekinder F A C H Z E I T S C H R I F T Kindertagespflege & Pflegekinderhilfe AUSGABE 1/2025 Deutsches Technikmuseum IN KREUZBERG 28. September 2025 WEITERE THEMEN IM HEFT • Kindertagespflege - Auslaufmodell oder Zukunftsinvestition? Fachpolitisches Gespräch mit Landes- und Bezirkspolitikern • Halbzeit!? Zwischenbilanz zum Startbonus Pflegekind • Eine fantastische Reise in die Gegenwart - Warum Ombudschaft der Clou der Jugendhilfe ist
Pflegekinder 1/2025 Inhaltsverzeichnis In eigener Sache ................................................................................................ 4 Allgemeine Themen ............................................................................................ 5 Was ist neu bei Familien für Kinder gGmbH? Unsere neuen Mitarbeiterinnen stellen sich vor.................................................... 5 Aus dem Fortbildungszentrum Unsere Dozierenden stellen sich vor .................................................................... 7 Was wird jetzt eigentlich aus dem Pflegekinderheft? ......................................... 10 Schwerpunkt Kindertagespflege ..................................................................... 13 Bewerbungsstart für den 2. Berliner Kindertagespflege-Preis ............................ 13 10. Tag der offenen Tür in der Berliner Kindertagespflege ................................ 15 Der 10. Tag der offenen Tür in der Kindertagespflegestelle Timtetater ............. 18 Kindertagespflege - Auslaufmodell oder Zukunftsinvestition? Fachpolitisches Gespräch mit Landes- und Bezirkspolitikern ...................................................... 21 Berlin Tag 2025 - Die KoQU vertritt die Kindertagespflege ................................ 24 Aktuelle Informationen aus der Koordinierungsstelle für Qualität und Unterstützung ............................................................................ 26 Häufige Fragen in der Berliner Kindertagespflege: Wie besetze ich freie Plätze in meiner Kindertagespflegestelle? ....................... 29 Empfehlung: Podcast „Klasse Berlin“ ................................................................. 32 Schwerpunkt Pflegekinderhilfe ....................................................................... 33 Einladung zum 23. Tag der Berliner Pflegefamilien ........................................... 33 Wir sind jetzt auf Instagram! Die Landesberatungsstelle Pflegekinderhilfe ........ 34 Aktuelle Empfehlungen des Deutschen Vereins für Pflegegelder in der Vollzeitpflege - Ein Blick auf den Handlungsbedarf ............................................ 36 Halbzeit!? Zwischenbilanz zum Startbonus Pflegekind ...................................... 38 2
Pflegekinder 1/2025 Eine fantastische Reise in die Gegenwart Warum Ombudschaft der Clou der Jugendhilfe ist ............................................. 42 Erwachsenwerden mit und nach der Pflegefamilie Lebensverläufe und Teilhabeperspektiven junger Menschen in der Langzeitstudie Care Leaver Statistics ................................................................ 47 Buchrelease „Blickwinkel“ - Perspektiven finden zusammen ............................. 53 Suchen und Finden - Die Literaturdatenbank zur Pflegekinderhilfe ................... 56 Häufige Fragen in der Pflegekinderhilfe Wozu braucht es eine besondere Pflegeelternschulung? .................................. 61 Vorstellung des Vertiefungsmoduls: Spielend kommunizieren .......................... 62 Empfehlung: „Was bleibt“ - Ein Roman von Malou Berlin .................................. 64 Impressum Herausgeber: Familien für Kinder gGmbH, Stresemannstraße 78, 10963 Berlin Tel. 030 / 21 00 21 - 0, Fax 030 / 21 00 21 - 24 E-Mail: info@familien-fuer-kinder.de Eine Einrichtung im Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern e.V. Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband © Juni 2025 Redaktion: Toni Engler, Angelika Nitzsche, Peter Heinßen, Frauke Zeisler Titelblatt- gestaltung: WERTE&ISSUES Berlin Alle in diesem Heft veröffentlichten Beiträge sind urheberrechtlich geschützt. Nachdruck – auch aus- zugsweise – ist nur mit Genehmigung der Redaktion gestattet. Die Herstellung dieses Heftes wurde gefördert durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie – Berlin. 3
In eigener Sache Informationen Neben diesen aktuellen wird auch das Thema Ombudschaft eine Rolle spielen. Dieses wichtige Angebot in der Kinder- und Jugendhilfe, von dem noch viel zu wenige Gebrauch machen, wird Katrin Behrens ab Seite 42 in den Fokus rücken. Wir freuen uns ebenfalls über den Artikel „Erwachsenwerden mit und nach der Pflegefamilie“, indem wir einen ersten Einblick in die Langezeitstudie Care Leaver Statistics erhalten, die die Lebens- verläufe und Teilhabechancen von Care Leaver*innen untersucht (mehr dazu ab Seite 47). Darüber hinaus gibt es noch viele weitere interessante Artikel, die Sie in dieser Ausgabe finden werden. Ich wünsche Lektüre! Ihnen eine anregende Toni Engler Familien für Kinder gGmbH Pflegekinder 1/2025 Liebe Leser*innen, ein weiteres Mal darf ich Sie zu dieser Lektüre begrüßen. Wir befinden uns in der Mitte des Jahres 2025 und aus den Bereichen sowie Pflegekinderhilfe gibt es so einiges zu berichten! Kindertagespflege Zunächst aber starten wir mit ein paar Begrüßungen: Unsere neue Kollegin in der Landesberatungsstelle Pflegekinder- hilfe, Anne Reising, wird sich gemeinsam mit mir, Toni Engler, vorstellen und auch zwei Dozierende aus dem Fortbildungs- zentrum werden Ihnen einen Einblick in ihren Werdegang und ihre Seminare bei uns gewähren. In der Kindertagespflege wurden die Türen bereits zum 10. Mal geöffnet (ab Seite 16) und wir lernen die Kinder- tagespflegestelle Timtetater kennen (ab Seite 19). Ganz aktuell finden Sie auch einen Bericht über das fachpolitische Gespräch mit regionalen Landes- und Bezirkspolitikern zur Zukunft der Kinder- tagespflege auf den Seiten 22 bis 24. In der Pflegekinderhilfe laden wir ganz herzlich zum 23. Tag der Berliner Pflege- familien im Deutschen Technikmuseum ein! Außerdem schauen wir auf die Empfehlung des Deutschen Vereins zu den Pflegegeldern in der Vollzeitpflege (ab Seite 37) und ziehen eine Zwischenbilanz zum Modellprojekt Startbonus Pflegekind (ab Seite 39). 4
Pflegekinder 1/2025 Allgemeine Themen Was ist neu bei Familien für Kinder gGmbH? Unsere neuen Mitarbeiterinnen stellen sich vor Anne Reising Landesberatungsstelle Pflegekinderhilfe Hallo Alle, mein Name ist Anne Reising und seit Mitte Februar vervollständige ich das Team der Landesberatungsstelle Pflegekinderhilfe. Jedes Kind sollte die Möglichkeit be- kommen, in einem liebevollen und sicheren Umfeld aufwachsen zu können. Dafür braucht es verlässliche Bezugspersonen, die die Bedarfe der Kinder im Blick haben und bereit sind, ihre emotionalen, zeitlichen und materiellen Ressourcen zu nutzen, um Kindern ein stabiles Zuhause zu geben. Als Sozialarbeiterin der Landesberatungs- stelle begleite und berate ich interessierte, aktuelle und zukünftige Pflegeeltern ein Stück auf ihrem Weg. In Form von Be- ratungen, Informationsabenden und Vor- bereitungsseminaren schaffen meine Kol- leg*innen und ich gemeinsam mit den uns begleitenden Pflegeeltern einen Rahmen, um sich dem Thema „Pflegefamilie“ anzu- nähern und sich intensiver damit aus- einandersetzen zu können. Auch als Mutter von zwei Kindern ist es mir ein großes Herzensanliegen, dass alle Kinder, die gleichen Chancen im Leben erhalten und in einer sicheren und stabilen Familienstruktur aufwachsen können. Was mich an meiner Arbeit zusätzlich begeistert und inspiriert, ist das wunder- bare Team, in dem ich arbeiten darf und die fröhliche und wertschätzende Atmosphäre im Büro. Egal ob beim kurzen Bürosport, in der Pause oder einfach zwischendurch, es gibt genügend Raum für Austausch aller Art, Fragen, Kreativität und Spaß. Herzliche Grüße Anne Reising Landesberatungsstelle Pflegekinderhilfe 5
Pflegekinder 1/2025 Toni Engler Öffentlichkeits- und Pressearbeit für die Landesberatungsstellen Kindertagespflege und Pflegekinderhilfe Kreativität und Motivation für diese wichtige Aufgabe zu bereichern. Ich mag besonders an meinem Job: Jeden Tag neue Ideen in meine Arbeit einfließen zu lassen, die Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen und in einem sinn- stiftenden Feld zu arbeiten. Ins Büro kommen heißt für mich: Ein “Guten Morgen” aus jedem Raum, Pausen-Sport, persönlicher und fachlicher Austausch. Mein Gimmick: Ins Büro begleitet mich meine Dackelmix- Hündin, Hummel. Sie ist spezialisiert auf Gute-Laune-Assistenz, Snacks und Office- Nickerchen - am liebsten in der Sonne. Toni Engler Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Startbonus Pflegekind Hi, ich bin Toni Engler. Ein paar dürften meinen Namen schon aus der letzten Ausgabe des Pflegekinderhefts (2/24) kennen, das ich im Team der Redaktion bereits federführend unterstützt habe. Seit Oktober 2024 habe ich die Position für Öffentlichkeits- und Pressearbeit bei Familien für Kinder gGmbH inne und arbeite auch am Modellprojekt Startbonus Pflegekind mit. Ich habe ursprünglich Soziale Arbeit studiert und im letzten Jahr mein Studium im Fach “Sprache und Gesellschaft” an der Freien Universität Berlin abgeschlossen. Jetzt darf ich die Landesberatungsstelle Kindertagespflege sowie die Landesberatungsstelle Pflege- kinderhilfe tatkräftig unterstützen. Dabei ist es mir ein besonderes Anliegen, den hohen Stellenwert dieser beiden Arbeitsfelder - Pflegekinderhilfe und Kindertagespflege - in unserer Gesellschaft sichtbar zu machen und zu stärken. Ich glaube, dass es mehr Anerkennung und Wertschätzung für alle Beteiligten braucht, um im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe positive Verän- derungen herbeizuführen. Das fängt in meinen Augen bereits dabei an, die Kommunikation außen mitzu- bestimmen und Menschen zu stärken, die als Pflegeeltern oder Kindertagespflege- personen tätig sind. Ich hoffe, die Arbeit bei Familien für Kinder gGmbH mit meiner nach 6
Pflegekinder 1/2025 Aus dem Fortbildungszentrum Die Dozierenden stellen sich vor Melanie Müller Dozentin im Fachbereich Kindertagespflege *** Keine Arbeit ohne Vergnügen. **** Mit viel Liebe, Feuer und einer großen Vision im Herzen tanze ich durchs Leben. Mein Herzensanliegen ist es, dass Kinder mit einem leichteren Rucksack als wir aufwachsen können. Als Generation der Cycle-Breaker gestaltet sich das bisweilen ziemlich herausfordernd, kräftezehrend und intensiv. Doch ist es ein so überwältigendes Geschenk, die Chance zu haben, uns von alten Mustern zu befreien, transgenerationale Wunden zu versorgen, antiquierte und ungesunde Glaubenssätze abzulegen, Werte, die nicht unsere sind, loszulassen und eigene individuelle Prägungen zu überwinden. Hey, ich bin Melanie Müller, ausgebildete Lehrkraft, zertifizierte Resilienzcoachin, Doula, Elternberaterin, Elternkursleiterin, Dozentin und Fortbildnerin. Mein Herz schlägt für die Arbeit mit Schwangeren und Müttern. Sie zu unterstützen, zu entlasten und ihnen gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen, die die Elternschaft beein- flussen können. liebe es, sie zu empowern und ihnen Impulse für den Umgang mit ihren Kindern an die Hand zu geben. Ich Fortbildungen begeistern mich auf ganz besondere Weise, denn hier kann die Arbeit mit einer Gruppe tatsächlich Aus- wirkungen auf das gesamte System haben. Zudem habe ich die Möglichkeit mit wunderbaren Menschen zu arbeiten, denen ich sonst nie begegnet wäre. 7
Pflegekinder 1/2025 Seit 2023 darf ich bei Familien für Kinder verschiedene wechselnde Fortbildungs- formate für Kindertagespflegepersonen anbieten. ist, dass Ein zentraler Aspekt meiner pädago- gischen Tätigkeit jegliches Begleiten von Kindern, die Arbeit an uns selbst voraussetzt. Sind wir nicht gut aufgestellt, können wir uns nicht gut um Heranwachsende kümmern. Daher liegt der Fokus meiner Fortbildungen auf der persönlichen Entwicklung - auf emotionaler und psychischer Ebene. Themen wie Gelassenheit, Emotionsregulation, Burn- outprävention, Achtsamkeit und Medi- tation, aber auch das liebevolle Grenzen setzen und Weiblichkeit in der Gesell- schaft, stehen dabei im Mittelpunkt. *** Vertrau auf all die Wunder, die bereits auf dem Weg zu dir sind. *** ich Auf meinem sehr holprigen und steinigen zweiten Bildungsweg von der Friseurin zur Gymnasiallehrerin durchlief ver- schiedene Prozesse meiner persönlichen Entwicklung. Dabei wurde mir zunehmend bewusst, welche Macht unsere defizit- orientierte Gesellschaft auf die Entwicklung von Kindern und deren Vertrauen in sich selbst hat. Es liegt mir am Herzen, junge Menschen in ihren Stärken zu fördern, sie so zu sehen, wie sie sind und sie dafür wertzuschätzen. Im Leben mit meinen beiden Kindern hat sich diese Überzeugung auf den all- gemeinen Umgang mit Kindern und Jugendlichen und deren Begleitung in einer adultistischen Welt ausgeweitet. Ich setze mich dafür ein, zugewandte, verbindende und wertschätzende Wege im Umgang mit Kindern zu finden. Da wir oft anders geprägt sind, dürfen wir zuerst bei uns aufräumen, damit wir es überhaupt schaffen können, eine andere Brille auf- zusetzen, um andere Perspektiven ein- nehmen zu können. Diese Bereitschaft, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, erfordert unglaublich viel Mut und Kraft. Was anfangs Verunsicherung und Ängste auslösen kann, kann sich mit der Zeit in ein unfassbares Freiheitserleben und Selbst- bestimmungsgefühl verwandeln. *** Wir brauchen Kinder nicht erziehen, sie machen uns sowieso alles nach. *** - Karl Valentin Melanie Müller Dozentin im Fachbereich Kindertagespflege bei Familien für Kinder gGmbH 8
Andreas Hagen-Penther Dozent im Fachbereich Pflegekinderhilfe Pflegekinder 1/2025 Danke sagen gehört zu meinen täglichen Ritualen. Danke möchte ich auch hiermit sagen. Danke an alle Pflegeeltern, die ihren Weg mit Kindern gemeinsam gehen wollen und auch gehen. Ich bin Andreas Hagen-Penther, Schul- leiter des PROCON College und bilde nun schon seit über 5 Jahren Erzieher*innen im Herzen von Berlin aus. Eine „Tante“ unserer Fachschule ist Familien für Kinder gGmbH, die ihr Herz an die Ausbildung von Pflegeeltern gegeben hat. Ich unterrichte gern und bin deshalb auch sehr gern als Dozent in der Ausbildung und Weiterbildung von Pflegeeltern tätig. Dabei profitiere ich von meiner Dozententätigkeit in der Erzieher*innenausbildung und den Erfahrungen im praktischen Umfeld meines bisherigen Lebens. Ich bin einem kleinen Dorf in Süd- brandenburg immer mit pädagogischen Themen groß geworden, meine Mutter war Erzieherin und hat sich auch in ihrer Freizeit mit Kindern beschäftigt. Nicht nur ich und meine zwei Brüder standen dabei im Mittelpunkt ihrer Arbeit, sondern auch die Kinder der Christenlehregruppen und das alljährliche Krippenspiel zu Weih- nachten. Ich bin da hineingeboren und frühzeitig zu vielen Menschen habe sprechen dürfen. In der DDR groß geworden, erlebte ich schon früh Steine, die mir in den Weg gelegt wurden. Mir war es dabei immer wichtig alle Probleme anzufassen und zu lösen. So bin ich durch mein Studium zum Gemeindepädagogen herangewachsen und habe in Jugend- clubs, als Kreisjugendwart und in einem stationären Kinderdorf mit verschiedenen Kindern und Jugendlichen an Lebens- dingen arbeiten dürfen. Besonders wichtig war mir immer der Mensch, der in meiner Arbeit im Mittelpunkt steht. Ein post- graduales Studium zum Sozialmanager hat mich in die heutige Position gebracht. Neben den Erfahrungen ist mir der Humor sehr wichtig. Ich spiele für mein Leben gern und habe mittlerweile eine große Anzahl 9
Pflegekinder 1/2025 von Spielen gesammelt, was meine eigenen Kinder lieben. Ich habe zwei Jungen im Alter von 12 und 10 Jahren und bin seit nun schon 7 Jahren geschieden. Ein Umstand, der mich besonders an die verschiedenen Familientypen herangeführt hat. Wenn ich etwas nicht erklären kann, dann möchte ich es herausfinden und das Wissen sehr gern weitergeben. So habe ich in meinem Leben, was 51 Jahre zählt, immer wieder Zusatzqualifikationen absol- viert und darf mich neben den schon genannten Abschlüssen auch Jungen- arbeiter nennen. Die gesellschaftlichen Rollenbilder von Jungen und Mädchen und wie das ihr Aufwachsen prägt, faszinieren mich. Ungerechtigkeiten dabei zu benen- nen und Diskriminierungen abzubauen, sind mir dabei besonders wichtig. Das Ganze soll nicht nur im theoretischen Konstrukt passieren, sondern erlebbar sein. Daher habe ich mich auch zum Erlebnispädagogen weiterqualifiziert. In meinen Kursen soll ein Haus aus Theorie und Praxis gebaut werden, das Leben zulässt. Es geht um Wissen, vor allem aber um das daraus resultierende Handeln. Daneben habe ich eine Leidenschaft für das geschriebene Wort und sammle Kinderbücher. All das lasse ich in meine Kurse im Vertiefungsmodul einfließen und möchte ich mit Ihnen entdecken. Andreas Hagen-Penther Schulleiter PROCON College Dozent im Vertiefungsmodul für Voll- zeitpflegepersonen Was wird jetzt eigentlich aus dem Pflegekinderheft? Ein kleines Resümee über den Arbeitsprozess In der letzten Ausgabe der Fachzeitschrift Pflegekinder, die Sie vermutlich noch druckecht in den Händen gehalten haben, haben wir von Familien für Kinder gGmbH bereits angekündigt, dass die Zeitschrift mit der Ausgabe 2/24 zum letzten Mal gedruckt werden würde. Jetzt gerade lesen Sie die digitale Version, bei der eigentlich noch alles „wie früher“ aussieht, nur eben ohne echtes Papier zwischen den Fingern. Seitdem überlegen und überarbeiten wir, was das Pflegekinderheft (wie es intern liebevoll genannt wird) eigentlich werden soll. Dazu haben wir uns gemeinsam die Frage gestellt, was das Pflegekinderheft bisher war, wen es erreicht hat und wen es zukünftig erreichen soll. Als Produkt der Landesberatungsstellen Pflegekinderhilfe 10
und Kindertagespflege lassen sich die Hauptzielgruppen leicht abstecken. Da wären zum einen Pflegefamilien und Kindertagespflegepersonen, vor allem aber Personen, die gerade im Prozess sind, eins von beidem zu werden. Zum anderen gehören auch die Fachkräfte beispielsweise aus den Jugendämtern oder anderen Bereichen mit Überschnei- dungen in der Kinder- und Jugendhilfe dazu. Wir würden natürlich auch gerne Personen(-gruppen) erreichen, die viel- leicht noch keinen direkten Kontakt mit den Themen Kindertagespflege oder Pflege- kinderhilfe haben, aber potentiell Pflege- familie oder Kindertagespflegeperson werden könnten. Ebenso möchten wir auch Eltern über die Option von Kindertages- pflege als Betreuungsform informieren. Diese Wunschzielgruppen wurden aber bisher durch die Zeitschrift am wenigsten erreicht. Gleichzeitig stellt sich heraus, dass die Gruppen insgesamt sehr unter- schiedlicher Natur sind und sich dem- entsprechend von unterschiedlichen In- halten angesprochen fühlen. Wir merken schon: So einfach ist das gar nicht, wenn wir den Diskurs mitbestimmen wollen und zwar für unterschiedliche Teilbereiche, für Pflegekinder 1/2025 und mit unterschiedlichen Personen- gruppen auf unterschiedlichen Ebenen. Es lässt sich darüber streiten, ob digital wirklich die Antwort zu analog ist, was aber klar ist: eine Zeitschrift, wie wir sie bisher geschrieben haben, verebbt in ihrer Trag- kraft, wenn sie sich nicht weiter entwickelt. Ein Ergebnis unseres Gedankenaus- tauschs war: egal, wen wir erreichen wollen, heute zählt: kurz, prägnant und klar! Die Wenigsten nehmen sich Zeit für mehr in einer Welt, in der Informationen inflationär verteilt werden. Erst wenn das Interesse geweckt wurde, lassen sich die meisten Menschen auch auf ausführliche Inhalte ein. Eine Maßnahme, die wir also deswegen bereits ergriffen haben: Wir sind aktiv auf Social Media geworden! Genauer gesagt: Familien für Kinder gGmbH und die Landesberatungsstelle Pflegekinderhilfe bespielen seit Kurzem zwei Instagram-Accounts, die über die Zeit ausgebaut werden sollen. Das ermöglicht uns einen neuen Arm, mit dem wir auch außerhalb unserer Kreise Menschen auf uns ufmerksam machen können. Die KoQU (Koordinierungsstelle für Qualität und Unterstützung) beispielsweise führt bereits seit 2024 einen Instagram-Account, der die Belange der Kindertagespflege, 11
Pflegekinder 1/2025 Neuigkeiten und Informationen (z.B. auch über den Kindertagespflege-Preis 2025) verbreitet. Hier die Empfehlung, dort un- bedingt mal vorbeizuschauen! Auch die Landesberatungsstelle Pflege- kinderhilfe wird Stück für Stück mehr Inhalte gestalten, die konkrete Infor- mationen zum Thema Pflegefamilien in Berlin vermitteln. Wir hoffen, dass sich langfristig eine Plattform der direkten Interaktion entwickelt, auf der wir schnell und nah auf die Fragen und Wünsche der reagieren können und Follower*innen unsere ihre Bedürfnisse anpassen. Inhalte an Wird es also kein Pflegekinderheft mehr geben? Jain. Eine gedruckte Zeitschrift ist aktuell nicht geplant, wir wollen aber auf jeden Fall weiter schreiben: Fachartikel, Interviews, Empfehlungen und Einblicke in die Arbeit in den Beratungsstellen. Hier geht der Arbeitsprozess weiter (es muss ja spannend bleiben). Ob es am Ende einen Newsletter, Blog oder eine neue Sparte auf unseren Webseiten geben wird, das gilt es in den nächsten Wochen und Monaten zu entscheiden. Die Dezemberausgabe der Fachzeitschrift Pflegekinder wird Ihnen darüber in jedem Fall Auskunft geben! Bleiben sie gespannt! Toni Engler Landesberatungsstelle Pflegekinderhilfe Landesberatungsstelle Kindertagespflege 12
Pflegekinder 1/2025 Schwerpunkt Kindertagespflege Bewerbungsstart für den 2. Berliner Kindertagespflege-Preis Aufgepasst! Nach der erfolgreichen Preisverleihung des ersten Berliner Kindertagespflegepreises beauftragt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie wieder die Koordinierungsstelle für Qualität und Unterstützung (KoQU) in diesem Jahr mit der Vergabe des 2. Berliner-Kindertagespflege-Preises – und die Bewerbungsphase hat bereits be- gonnen! Wie auch im Vorjahr hat die Preisvergabe zwei Ziele: zum einen soll die besondere Qualität in der frühen Bildung, Er- ziehung und Betreuung gewürdigt werden, zum anderen wird mit der Preisverleihung die allgemein hohe Qualität der Berliner Kindertagespflege sichtbar gemacht. Im Jahr 2024 wurden die Auszeichnungen in den Kategorien Alltagsbildung, Parti- zipation und Sozialraumorientierung ver- liehen. Damit sich wieder alle Kinder- tagespflegestellen an der diesjährigen Preisvergabe beteiligen können und um weitere Themenfelder der frühkindlichen Betreuung zu beleuchten, wurden drei neue Qualitätskategorien ausgewählt: Übergänge gestalten, Spiel begleiten sowie Beobachtung und Dokumentation. Seit dem 15.04.2025 haben alle Berliner Kindertagespflegepersonen die Möglich- keit, sich in einer der neuen Kategorien für den 2. Berliner Kindertagespflege-Preis zu bewerben und Berliner Kindertagespflege- stelle des Jahres 2025 zu werden. Auch die Bewerber*innen und Siegerinnen des letzten Jahres sind somit herzlich dazu eingeladen, sich erneut zu be- werben. Wie auch im Vorjahr stellt die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie ein Preisgeld von ins- gesamt 8.500 € zur Verfügung, sodass pro Kategorie ein Preisgeld von 2.500 € an die Gewinnenden vergeben werden kann. Zusätzlich erhält die Kindertagespflege- stelle des Jahres weitere 1.000 €. Bis zum 15.07.2025 können Kindertages- pflegepersonen ihre Bewerbungen bei der KoQU einreichen. Dabei sind der Kreativität der Bewerber*innen keine Grenzen gesetzt: neben schriftlichen Bewerbungsunterlagen sind auch Fotos, 13
Pflegekinder 1/2025 Bastelwerke und Videoaufnahmen will- kommen. Unter allen eingehenden Bewerbungen qualifizieren sich die drei überzeugends- ten Bewerbungen pro Kategorie für die nächste Bewerbungsrunde. In diesen neun Kindertagespflegestellen werden Mitarbeitende der KoQU Hospitationen und Interviews durchführen. Wir danken allen Teilnehmenden aus dem Jahr 2024 für ihr Feedback. Im Anschluss wird eine Jury die Gewinner*innen der einzelnen Kategorien ermitteln und entscheiden, welche Kinder- tagespflegestelle den Titel „Berliner Kindertagespflegestelle des Jahres 2025“ erhält. Verschiedene Anregungen und Wünsche haben wir in das diesjährige Vergabe- verfahren eingeflochten. Lassen Sie sich überraschen! Die feierliche Preisverleihung findet im Rahmen der diesjährigen Impulse-Ver- anstaltung der Landesberatungsstelle Kindertagespflege im November 2025 statt. Weitere Informationen zum Bewerbungs- verfahren sind auf der Homepage der KoQU zu finden: www.koqu-berlin.de/ktp-preis/ Die Koordinierungsstelle für Qualität und Unterstützung freut sich auf zahlreiche Bewerbungen! Natascha Lettow Koordinierungsstelle für Qualität und Unterstützung, Landesberatungsstelle Kindertagespflege 14
10. Tag der offenen Tür in der Berliner Kindertagespflege Pflegekinder 1/2025 Dieses Jahr hatten sich mehr als 70 Kindertagespflegestellen angemeldet, um ihre Türen einzeln oder im Verbund zu öffnen und ihre tolle Arbeit und ihr Engagement der Öffentlichkeit zu zeigen. Darüber haben wir uns sehr gefreut. Die Herausforderungen für uns als Ausrichter des Tags der offenen Tür in der Berliner Kindertagespflege bestand darin, die zwei heutigen Veranstaltungen unter einen Hut zu bringen. Nachdem am Vormittag das fachpolitische Gespräch in der Villa Lützow stattfand (mehr dazu auf Seite 22), fuhren Angelika Sauermann (Vorsitzende) und Andrea Leh- mann (2. stellvertretende Vorsitzende) nach Spandau, um in einer Kinder- tagespflegestelle in Wilhelmstadt zwei dort arbeitende Kindertagespflegepersonen zu besuchen. Dieses Jahr hatte die Senatorin für Bildung, Jugend und Familie Katharina Günther- Wünsch ihren Besuch in einer Kindertages- pflegestelle angekündigt. Gemeinsam mit dem Jugendamt Spandau und Frau Matuschek, Referentin für Kindertages- pflege in der Jugendsenatsverwaltung, haben wir uns für „Die Entdeckerburg“ von Kathrin Richter-Reichhelm und Dilek Saglam entschieden. Sie arbeiten in einer angemieteten Laden- wohnung. In den drei liebevoll einge- richteten Räumen dürfen ihre bis zum Schuleintritt betreuten Kinder spielen, lernen und explorieren. Kathrin R.-R. ist gelernte Integrationserzieherin und hat sich nach jahrzehntelanger Arbeit in einer Kindertagesstätte für die Arbeit in der Kindertagespflege entschieden. Dilek S. war Krankenschwester und ist als Quer- einsteigerin in die Kindertagespflege ge- kommen. Die zwei Kindertagespflege- personen finden die individuelle Förderung ihrer unterschiedlichen Kinder enorm wichtig. und Familie, Pünktlich um 14.00 Uhr kam Frau Günther- Wünsch in freudiger Erwartung in der Kindertagespflegestelle an. Frau Klein- eidam, Senatsverwaltung für Bildung, Jugend sowie Frau Matuschek waren auch vor Ort. Auch Vertreterinnen aus dem Jugendamt Span- dau waren anwesend. Dazu gehörten die Fachdienstleitung für frühkindliche Hilfen Frau Polko und zwei Kolleginnen aus der Fachberatung, Frau Peschel sowie Frau Schulze. Natürlich bedankten wir uns alle bei Kathrin R.-R. und Dilek S., dass wir sie besuchen durften. Frau Günther-Wünsch erkundigte sich nach ihren Berufser- fahrungen und welche Kinder sie betreuen. Sie fragte auch nach Kindern mit besonderem Förderbedarf. Kathrin R.-R. sagte, dass sie zur Zeit kein Kind mit erhöhten Förderbedarf betreuen, aber immer wieder Kinder hatten, die trotzdem eine besondere Förderung brauchten. Wir wurden durch alle Räume geführt und kamen in den Austausch. Auf Nachfragen 15
Pflegekinder 1/2025 von Frau Günther-Wünsch, wie der Tagesablauf ist, wurde uns ein Einblick in ihren Alltag vermittelt. Frau Günther- Wünsch ist sehr persönlich und em- pathisch auf Fragen der Teilnehmenden eingegangen und wollte auch wissen, wo gerade der Schuh drückt. Natürlich kamen wir auch über die Krise, in der die Kindertagespflege steckt, ins Gespräch. „Die Entdeckerburg“, von links Angelika Sauermann (LV), Dilek Saglam, Senatorin Katharina Günther- Wünsch, Katrin Richter-Reichhelm, Andrea Lehmann (LV) Allerdings ist die Situation in Spandau ganz anders. Hier werden noch Plätze ge- braucht. Auch die Vertretungssituation in der Kindertagespflege wurde angesproch- en. Die unterschiedliche Bezahlung in den einzelnen Bezirken, obwohl es aus der Senatsverwaltung durch die Ausführungs- vorschrift eine klare Vorgabe der Be- zahlung gibt, ist ein großes Problem. Damit das zukünftig klar und einheitlich geregelt ist, hat Frau Günther-Wünsch das schon längst fällige, vom Kindertagespflege Landesverband auch schon lange ge- forderte, veran- lasst. Jugendrundschreiben Das Treffen mit der Senatorin und den Vertreterinnen aus der Jugendsenatsver- 16 waltung in der „Entdeckerburg“ war sehr locker und auf Augenhöhe sowie sehr wertschätzend. Man merkte Frau Günther- Wünsch an, dass sie die Kindertagespflege erhalten und unterstützen will. Natürlich sind die finanziellen Mittel dazu derzeit sehr begrenzt, aber diese Betreuungsform liegt ihr sehr am Herzen. Dann verabschiedeten sich alle. Ein kleiner Junge aus der „Entdeckerburg“ überreichte allen Besucherinnen noch eine gebastelte Pusteblume. Darüber war die Senatorin so gerührt, dass sie sich gleich mit ihm fotografieren lassen wollte. Frau Günther- Wünsch verabschiedete sich nun ins Wochenende und wünschte uns noch viel Erfolg. Ein weiteres Treffen mit dem Landesverband stellte sie in Aussicht. „Kleine Weltenbummler“, von links: Anne Matuschek, Jessica Polko, Nadine Noack, Andrea Lehmann, Katja Schulze, Karin Smarxhiu, A. Sauermann, Daniela Kleineidam.
Dann trafen wir uns in der nächsten Kindertagespflegestelle in Spandau bei den „Kleinen Weltenbummlern“ von Nadine Noack und Karin Smarxhiu. Auch die Vertreterinnen der Senatsverwaltung und des Jugendamtes Spandau kamen mit. Diese liebevoll eingerichtete Kindertages- pflegegestelle existiert erst seit 2020 in dieser Zusammensetzung. Die beiden Kindertagespflegepersonen sind Erzieher- innen und haben vorher bereits zusammen in einer Einrichtung gearbeitet. Sie konnten dort die Kinder nicht mehr ausreichend nach ihren Vorstellungen fördern, da durch den dortigen Personalschlüssel ständig eine hohe Anzahl von anwesenden Kindern ihre Aufmerksamkeit brauchten. Pädagogische Arbeit war nicht möglich. Auch die Zusammenarbeit mit den Eltern war sehr schwierig, da die Rahmen- bedingungen das nicht hergaben. Ihre Kernaufgabe als Erzieherinnen verstehen die beiden in der Vermittlung von päda- gogischen Angeboten und Begleitung von Spielpartnerschaften, sowie in den Er- ziehungspartnerschaften mit den Eltern. Nadine N. und Karin S. sind jetzt Kinder- tagespflegepersonen mit extrem großer Leidenschaft. Sie investieren ununter- brochen in ihre tollen Ideen und neuen Anschaffungen, um den Kindern und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden. Das Jugendamt Spandau unterstützt die Kindertagespflegestelle im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten und sucht z. B. nach Möglichkeiten des Austausches für benötigtes Mobiliar. Frau Kleineidam erkundigte sich, wo es den beiden Kindertagespflegepersonen im Pflegekinder 1/2025 Vergleich der beiden Betreuungssettings besser gefällt. Die eindeutige Antwort hieß: Kindertagespflege! Sie suchten eine neue Herausforderung und Ver- änderung, die sie durch die Selbständigkeit und die selbst strukturierten Planungen und Tagesabläufe in der Kindertagespflege verwirklicht haben. Nachdem alle noch einmal von den leckeren Zitronenmuffins und den Erdbeer- spießen gekostet hatten, hatte man sich voneinander verabschiedet. Der Besuch in den beiden geöffneten Kindertagespflegestellen in Spandau war wieder einmal mehr ein Beispiel für das tolle Engagement und die tolle Arbeit von Kindertagespflegepersonen. Rückmeldungen aus anderen Bezirken von dortigen Kindertagespflegepersonen, die geöffnet hatten, waren sehr unter- schiedlich. Tatsächlich kamen manchmal gar keine Besucher*innen und andere wiederum hatten in der ganzen Öffnungs- zeit ein volles Haus mit vielen Familien. Diese Familien suchten dann auch einen Platz für ihr Kind, jedoch oft erst zu einem späteren Zeitpunkt. Auch hörten wir aus fast allen Bezirken, dass entweder die Fachberatungen oder Fachdienstleitungen der Jugendstadtrat zu Besuch kamen. auch oder Wir als Ausrichter dieser Veranstaltung, gehen ganz sicher davon aus, dass der 10. Tag der offenen Tür wieder dazu bei- getragen hat, Kindertagespflege weiter bekannt zu machen. Jede Familie, die zu Besuch kam, kennt jetzt Kindertagespflege als Betreuungsform und wird das weiter transportieren. 17
Pflegekinder 1/2025 Wir machen mit dem 11. Tag der offenen Tür nächstes Jahr weiter und bedanken uns bei allen Beteiligten, die am Samstag, den 17. Mai ihre Türen geöffnet hatten. Auch die kleinsten Erfolge unterstützen unser Engagement in der Öffentlich- keitsarbeit. Angelika Sauermann und alle Vorstands- mitglieder vom Kindertagespflege Landes- verband Berlin e.V. Der 10. Tag der offenen Tür in der Kindertagespflegestelle Timtetater Im ehemaligen „Postblock“ am Anhalter Bahnhof wurden zwischen 2013 und 2019 die letzten Wohnhäuser und Büros in der Stresemannstraße 61-63 fertiggestellt. Durch großes Engagement der Fachbe- ratung Kindertagespflege gibt es seit 2019 in der Stresemannstraße 61 eine ca. 100 qm große Kindertagespflege, die sehr wohlwollend im autofreien Quartier ange- nommen wird. für Tonio Förster der 2019 war es Erstbezug und seit 2022 arbeitet er mit Romana Rusa erfolgreich zusammen. Die großzügigen Räume sind in einer be- eindruckenden Weise gestaltet. Das Mobiliar, Spiel- und Bewegungsmaterial ist sorgfältig ausgewählt und wenn das Wetter mal richtig schlecht ist, kann auch in den Räumen wunderbar gerannt oder mit dem Bobbycar gefahren werden. Die Kinder werden bis zum 3. Lebensjahr betreut. 18
Von der Küche aus gelangen die Kinder in einen kleinen Garten, in der Buddelkiste kann gebaut und experimentiert werden. Durch den liebevoll angelegten Nasch- garten mit Johannisbeeren, Erdbeeren, Tomaten etc. erleben die Kinder wie alles gepflegt wird und wie lecker die reifen Früchte vom Strauch schmecken. Pflegekinder 1/2025 Foto: Heidi Krabbenhöft Tonio Förster und Romana Rusa Aus dem gemeinsamen Konzept möchte ich folgendes zitieren, da es sich durch meine Beobachtung widerspiegelte. „Jedes Kind: • • • (Janusz Korczak) hat das Recht, so zu sein, wie es ist hat das Recht auf den heutigen Tag hat das Recht auf Achtung Deshalb ist es uns täglich bewußt, wie wichtig den Kindern ihre Augenblicke sind. Es ist unsere Verantwortung, den Kindern ein Umfeld zu gestalten, indem sie sich jederzeit geborgen und sicher fühlen. In Wort und Tat. Begegnen auf der Gefühlsebene bedeutet für uns, möglichst jedes individuelle Gefühl wahrzunehmen und Verwirrungen zu verhindern – das Recht auf Achtung“. 19
Pflegekinder 1/2025 Der Tag war gut besucht, die Eltern mit ihren Kindern, die betreut werden, Frau Kempf mit einer Kollegin von der Ko- ordinierungsstelle für Qualität und Unter- stützung (KoQU) und auch Interessierte, für die sich beide Zeit nahmen. Alle kamen miteinander in ein gutes Gespräch. Die Eltern, deren Kinder bereits betreut werden, äußerten ihre große Zufriedenheit. Und auch die Kinder machten auf mich einen äußerst zufried- enen und ausgeglichenen Eindruck. Es waren sehr schöne und beeindruckende Stunden für mich. Vielen Dank, dass ich zu Besuch sein durfte. Heidi Krabbenhöft Dipl. Sozialpädagogin und freie Mit- arbeiterin bei Familien für Kinder gGmbH 20
Pflegekinder 1/2025 Kindertagespflege Auslaufmodell oder Zukunftsinvestition? Fachpolitisches Gespräch mit Landes- und Bezirkspolitikern Teilnehmer*innen: Falko Liecke, Staatssekretär für Jugend und Familie Oliver Schworck, Jugendstadtrat Tempelhof-Schöneberg Max Kindler, Jugendstadtrat Friedrichshain-Kreuzberg Andre Grammelsdorf, stellver- tretender Bezirksbürgermeister und Jugendstadtrat Treptow- Köpenick Moderation: Katharina Linnepe Der Kindertagespflege Landesverband Berlin e.V. lud anlässlich des 10. Tags der offenen Tür zu einem fachpolitischen Gespräch mit Landes- und Bezirks- politiker*innen ein. Anlass war die sich zuspitzende Krise in der Kindertages- pflege. Die Veranstaltung fand von 11:00 bis 12:30 Uhr im Kiez-Zentrum der Villa Lützow in Mitte/Tiergarten statt. Angelika Sauermann, Vorsitzende des Landesverbands, eröffnete die Veran- staltung. Sie wies auf das 10-jährige Jubiläum des Tags der offenen Tür hin und machte auf die besorgniserregende Situation in der Berliner Kindertagespflege aufmerksam: Die Zahl der Kindertagespflegepersonen ist in den vergangenen Jahren um mehr als 600 gesunken. Viele müssen aufgeben, weil ihre Plätze nicht besetzt werden. Mit den teilnehmenden Politikern sollte über Fragen und Chancen diskutiert werden, ob und wie die Zukunft der Kindertagespflege gesichert werden kann. Fachpolitisches Gespräch im Kiez-Zentrum der Villa Lützow Foto: Kindertagespflege LV e.V. 21
Pflegekinder 1/2025 Im Publikum befanden sich rund 70 Gäste aus verschiedenen Bereichen, darunter Vertreterinnen und Vertreter der Senats- verwaltung für Bildung, Jugend und Familie, der Jugendämter, der Landes- beratungsstelle für Kindertagespflege, der Koordinierungsstelle für Qualität und Unterstützung (KoQU) in der Kindertages- pflege, des Paritätischen Wohlfahrtsver- bands, Kindertagespflegepersonen sowie Eltern. Ab diesem Punkt übernahm Katharina Linnepe die Moderation der Veranstaltung. Alle vier teilnehmenden Politiker betonten, dass die Kindertagespflege als wichtige Säule der Berliner Kindertagesbetreu- ung erhalten bleiben soll. Einigkeit bestand darin, dass die Kindertagespflege bisher stiefmütterlich behandelt wurde und künftig deutlich mehr Aufmerksamkeit erhalten muss. Herr Kindler hob hervor, dass die wirtschaftliche Existenz von Kindertages- pflegepersonen wesentlich stärker bedroht ist, wenn Plätze unbesetzt bleiben – im Vergleich zu Kitas. Staatssekretär Falko Liecke kündigte für dieses Jahr eine Erhöhung der Entgelte sowie eine Anhebung der Vergütung für die mittelbar pädagogische Arbeit an. Weitere Maßnahmen zur Sichtbarmachung der Kindertagespflege sind in Planung, z.B. bei den Willkommensgutscheinen, dem Kita- navigator und eine Imagekampagne. Man einigte sich darauf, dass sich die Fachbereiche der frühkindlichen Bildung und familienunterstützenden Systeme in den Jugendämtern besser vernetzen müssen, um die Sichtbarkeit der Kinder- tagespflege zu erhöhen. Auch in den sozialen Medien soll verstärkt geworben werden, unter anderem durch die KoQU. junge Informationen und Beratung für Von links: Oliver Schworck (SPD) Jugendstadtrat Tempelhof-Schöneberg, Falko Liecke (CDU) Staatssekretär für Jugend und Familie, Moderatorin Katharina Linnepe, Max Kindler (CDU) Jugendstadtrat Friedrichshain-Kreuzberg, Andre Grammelsdorf (CDU) Jugendstadtrat Treptow-Köpenick Foto: Kindertagespflege LV e.V. 22
Eltern, etwa bei den Ersthausbesuchen, sollen verbessert werden. In den regelmäßigen Treffen der Jugend- stadträte mit der Senatsverwaltung soll die Kindertagespflege künftig eine stärkere Rolle spielen. Herr Grammelsdorf unterstrich die Be- deutung dieses Betreuungsmodells ins- besondere für Kinder, die in größeren Kita- gruppen nicht zurechtkommen und indi- viduelle Zuwendung in einer kleinen Gruppe benötigen. Diese Kinder tragen entsprechende Probleme teilweise bis in ihre Schulzeit hinein. Die Kindertages- pflege bietet hier einen besseren Einstieg in die Fremdbetreuung – durch sichere Bindungen und eine gestärkte Resilienz. Herr Schworck betonte die Notwendigkeit, die Kindertagespflege deutlich intensiver zu fördern als Kitas. Er kritisierte die uneinheitliche Informationslage zwischen den Jugendämtern über die Angebote in der Kindertagespflege, was letztlich nicht zielführend sei. Wichtig sei zudem, Räume für bestehende und zukünftige Kinder- Pflegekinder 1/2025 tagespflegestellen zu sichern und ent- sprechende Ressourcen bereitzustellen. Fazit: Das fachpolitische Gespräch hat bei den anwesenden Politikern das Bewusstsein für die Situation der Kindertagespflege in Berlin geschärft, erweitert und sensi- bilisiert. Alle Beteiligten haben zugesichert, sich stärker für den Erhalt und die Förderung dieser Betreuungsform einzu- setzen. Mit den Aussagen und Zusagen der drei Jugendstadträte und Herrn Liecke lassen sich weitere Türen öffnen. Andere Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung können an diesen Er- wartungen anknüpfen. Wenn ein Teil dieser Versprechungen zeitnah umgesetzt wird, könnten kurzfristig neue Plätze be- setzt und bestehende Kindertagespflege- stellen gesichert werden. Angelika Sauermann Vorsitzende Landesverband Berlin e. V. im Kindertagespflege 23
Pflegekinder 1/2025 Berlin-Tag 2025 Die KoQU vertritt erneut die Kindertagespflege Beim Berlin-Tag am 15. Februar hatten Fachkräfte, Studierende, Schüler*innen und Quereinsteigende erneut die Möglich- keit, sich über vielfältige berufliche Perspektiven zu informieren. Bei Deutsch- lands größter Berufs- und Informations- messe im Bildungsbereich können die Besucher*innen an zwei Terminen im Jahr mehr über Einstiegsmöglichkeiten in ver- schiedene Bereiche der Kinder- und Jugendhilfe erfahren. in der STATION Berlin Der Berlin-Tag bietet eine ideale Plattform, um sich über Aus- und Weiterbildungs- möglichkeiten zu informieren und Kontakte zu knüpfen. Zu den über 270 Aus- stellenden in Kreuzberg gehörten Kitas, Schulen, Familienzentren, Jugendämter, Universi- täten und Hochschulen sowie die Senats- verwaltung für Bildung, Jugend und Familie. Interessierte konnten sich zum einen direkt an den Ständen in einem persönlichen Gespräch über die ver- schiedenen Berufsfelder und Einstiegs- möglichkeiten informieren, zum anderen fanden den ganzen Tag über Vorträge statt, in denen die Zuhörer*innen 24 spannende Einblicke in die spezifischen Arbeitsbereiche bekommen konnten. Die Koordinierungsstelle für Qualität und Unterstützung (KoQU) der Familien für Kinder gGmbH vertritt mittlerweile schon seit ein paar Jahren regelmäßig die Kindertagespflege auf dem Berlin-Tag. Die Mitarbeiterinnen der KoQU an ihrem Stand für die Kindertagespflege © KoQU Berlin
Mit einem Stand in der Durchgangshalle machten die Mitarbeitenden auf das Feld der Kindertagespflege aufmerksam. In zahlreichen Beratungsgesprächen konnte die KoQU interessierte Fachkräfte sowie Quereinsteigende über die selbstständige Tätigkeit als Kindertagespflegeperson informieren. Darüber hinaus wurde für alle Besucher*innen die Kindertagespflege neben der Kita als zweite Säule der Kindertagesbetreuung in Berlin erkennbar. Zusätzlich konnte man vor- und nach- mittags einen Vortrag der KoQU zum Thema „Kindertagespflege – eine selbstständige Tätigkeit für Querein- steigende und Fachkräfte“ besuchen. Hier konnten Interessierte ebenfalls erste Informationen sowie Einblicke in das Tätigkeitsfeld erhalten. Die Mitar- beiter*innen der KoQU haben den Berlin- Pflegekinder 1/2025 Tag darüber hinaus genutzt, um Ver- tretungspersonen für die Berliner Kinder- tagespflegestellen zu akquirieren. Mithilfe eines neuen Flyers wurden Interessierte zu den Rahmenbedingungen einer Vertre- tungstätigkeit in der Kindertagespflege informiert. Der Termin für den nächsten Berlin-Tag steht schon fest: am 11. Oktober 2025 wird die KoQU dort erneut mit einem Stand die Kindertagespflege als Betreuungs- angebot sichtbar machen sowie Interessierte informieren und beraten. und Tätigkeitsfeld Natascha Lettow Koordinierungsstelle für Qualität und Unterstützung, Landesberatungsstelle Kindertagespflege 25
Pflegekinder 1/2025 Aktuelle Informationen aus der Koordinierungsstelle für Qualität und Unterstützung (KoQU) Die Mitarbeiterinnen der KoQU © KoQU Am 30.06.2025 laufen die Verträge der Mitarbeiterinnen der KoQU (s. Foto) aus, denn bei dem ursprünglich nur für die Jahre 2020 bis 2022 geplanten Projekt endet wieder eine Projektlaufzeit. Grund zum Abschiednehmen ist dies jedoch (hoffent- lich) noch nicht, denn dem Projekt wurde aufgrund der großen Erfolge, durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (SenBJF) mündlich mitgeteilt, dass eine erneute Verlängerung der Projekt- laufzeit, zunächst bis zum Jahresende, vorgesehen sei. Eine schriftliche Be- stätigung gibt es drei Wochen vor Vertrags- ende noch nicht. Spricht man mit den Mitarbeiterinnen, wird klar, dass alle der mündlichen Zusage vertrauen und auf- grund der Erfahrungen aus den ver- gangenen Jahren (die schriftliche Zusage der Verlängerung erreichte die KoQU bereits mehrfach erst kurz vor dem Auslaufen der Verträge) das Prozedere gewöhnt sind – unglücklich ist man trotzdem darüber. Nicht zu wissen, ob man in drei Wochen noch einen Arbeitsplatz hat, verunsichert und lenkt im schlimmsten Fall von den vielen Aufgaben ab, die sich die KoQU für das Jahr 2025 vorgenommen 26
hat. Drücken wir also die Daumen, dass die Verlängerung nicht mehr lange auf sich warten lässt! Geht es nach dem Team der KoQU, müsste auch am 31.12.2025 nicht Schluss sein. Im Feld der Kindertagespflege gibt es so viele Auf- gaben, dass es die Fachberatung der bezirklichen Jugendämter ganz schön fordern würde, müsste sie diesen ab 01.01.2026 alleine nachkommen. Zu den wichtigsten anstehenden Aufgaben zählt im kommenden Jahr sicherlich die Imple- mentierung des überarbeiteten Berliner Bil- Pflegekinder 1/2025 dungsprogramms (BBP), aber auch die Anpassung der internen Evaluation für die Kindertagespflege, Schulungen zum Leit- faden Kinderschutz und die Koordination der Implementierung des BeoKiz-Ver- fahrens. Neben dem Aktualisieren und Erstellen von Dokumenten, könnte es sich das Team der KoQU auch vorstellen, eine Erprobung zu neuen Betreuungsmodellen in der Kindertagespflege, die sich gerade dem Problem ausgesetzt sieht, dass viele Plätze nicht belegt sind, durchzuführen. Auch für dieses Jahr hat das Team der KoQU noch spannende Aufgaben und ist dabei auf Ihr Interesse bzw. Ihre Teilnahmen und Informationsweitergabe angewiesen, damit am Ende alles gelingt: Kindertagespflege-Preis Im November soll erneut die Berliner Kindertagespflegestelle des Jahres gekürt werden. Die SenBJF hat dafür Preisgelder in Höhe von 8500 Euro zur Verfügung gestellt. Bisher sind nicht viele Bewer- bungen bei der KoQU eingegangen, es lohnt sich also noch, eine Bewerbung zu erstellen! Noch bis zum 15.07.25 können Kinder- tagespflegepersonen schreiben, basteln oder ein Video einreichen, welches zeigt, was in einer der drei Qualitätskategorien ausmacht. Folgende Kategorien stehen in diesem Jahr zur Auswahl: ihre Arbeit - Übergänge gestalten: Bei Ihnen gelingt die Eingewöhnung immer gut oder Sie haben ein schönes Ritual beim Übergang des Kindes in die Kita oder Grundschule – schreiben Sie uns davon. Spiel begleiten: Ihre Räume und Materialien ermöglichen es den Kindern frei zu spielen? Beschreiben Sie uns, was Ihnen wichtig ist und worauf Sie achten. - - Beobachtung und Dokumentation: Sie beobachten die Kinder und dokumentieren freuen uns über Bewerbungen, in denen sie uns von Ihrem Vorgehen erzählen und warum dieses sich für Sie bewährt hat. ihre Beobachtungen regelmäßig? Wir Nähere Informationen zum Kindertagespflegepreis finden Sie hier: www.koqu-berlin.de/ktp-preis/ 27
Pflegekinder 1/2025 Vertretung Die Vertretung in der Kindertagespflege ist eine zentrale Herausforderung für die Gleichrangigkeit von Kita und Kinder- tagespflege. Da es in den Bezirken zu wenige Vertretungskräfte gibt, geraten Kindertagespflegepersonen unter Druck, einerseits verlässlich zu betreuen und andererseits bei Krankheit oder Ausfall nicht ausreichend vertreten zu werden. Fällt eine Kindertagespflegeperson aus – etwa wegen Krankheit, Schwangerschaft oder Elternzeit – sichert eine Vertretung die Betreuung und Förderung der Kinder. Diese kann eigenständig bis zu fünf Kinder betreuen oder eine*n Verbundpartner*in bei der Betreuung von bis zu zehn Kindern unterstützen. Der Einsatz erfolgt je nach Standort in den Räumen der Kindertages- pflege oder selten in den Privaträumen der ausgefallenen Kindertagespflegeperson. Die Betreuungszeiten orientieren sich an den Öffnungszeiten der Kindertages- pflegestelle. Einsätze sind im eigenen Bezirk, in angrenzenden Bezirken oder berlinweit möglich. in den Um die Vertretungssituation einzelnen Berliner Bezirken zu verbessern, wurde in der KoQU ein Vertretungsmodell geplant, welches in Form eines berlin- weiten Vertretungspools bezirksüber- greifend wirken kann. Mithilfe einer Datenbank, die durch Mitarbeitende der KoQU aufgebaut und gepflegt wird, können im Vertretungsfall passende Vertretungs- personen kontaktiert und eingesetzt werden. Nachdem der Pool aufgebaut ist, braucht es jetzt Interessierte, die in einem oder mehreren Bezirken als Vertretungs- person tätig werden und in den Pool aufgenommen werden möchten. Sie haben Interesse an der Tätigkeit als Vertretungsperson oder kennen jemanden, die*der Interesse hat? Hier finden Sie alle Informationen zum Thema Vertretung: koqu-berlin.de/vertretung/ Vernetzungskarte Sie haben aktuell freie Plätze und möchten, dass Eltern Ihre Kindertagespflegestelle leichter finden können? Schreiben Sie uns einfach an info@koqu-berlin.de eine E- Mail und lassen Sie sich auf die Ver- netzungskarte der KoQU setzen. Hier geht es zur Vernetzungskarte: www.koqu-berlin.de/vernetzungskarte/ Umfrage Bald ist es wieder soweit: in wenigen Wochen verschickt das Team der KoQU den Link zur Umfrage für Berliner Kindertagespflegepersonen 2025. Seit 2021 befragt die KoQU tätige Kindertages- pflegepersonen in Berlin jährlich, um die Einschätzung, Wünsche und Aussagen der Teilnehmenden zu relevanten Themen- feldern der Kindertagespflege, wie Quali- fizierung, Vertretung, Auslastung, Zufrie- 28
Pflegekinder 1/2025 denheit in ihre Arbeit einfließen lassen zu können. Zu wissen, was Kindertages- pflegepersonen brauchen, um qualitativ gut arbeiten zu können, ist wichtige Grundlage auch für die Arbeit des KoQU- Teams. Die Auswertungen aller Umfragen finden sich auf der Homepage der KoQU und liefern nebenbei einen schönen Vergleich bzw. machen Veränderungen und Entwicklungen sichtbar. Hier finden Sie die aktuellen Ergebnisse 2021 bis 2024: www.koqu-berlin.de/handlungsfelder/umfragen/ Häufige Fragen in der Berliner Kindertagespflege Welche Strategien gibt es, um freie Betreuungsplätze in meiner Kindertagespflege zu besetzen? Noch vor wenigen Jahren war das Land Berlin von einem Betreuungsplatzmangel geprägt. Eltern wurde der Einstieg in die Berufstätigkeit erschwert, da sich die Betreuungsplatzsuche für Kinder als schwierig erwies. Dies galt sowohl für Kindertageseinrichtungen als auch für die Kindertagespflege. Nicht selten hatten Kindertagespflegepersonen Wartelisten mit Kindern, die einen Betreuungsplatz benötigten. Doch dies hat sich innerhalb der letzten Jahre stark geändert. Gründe dafür sind neben dem rasanten Ausbau der Kindertageseinrichtungen die sinkende Geburtenrate und somit eine sinkende Anzahl an zu betreuenden Kindern in Berlin. Die Auswirkungen spüren Kindertagespflegepersonen aktuell deutlich. Obwohl sie bis zu 5 Kinder betreuen dürften, können nicht alle Plätze besetzt werden, weil es zu wenig Interes- sierte gibt. Dies hat für selbstständige auch Kindertagespflegepersonen finanzielle Ein- bußen und schlimmstenfalls existenzielle Sorgen zur Folge. Daher ist es umso wichtiger, dass Kindertagespflegepersonen aktiv für ihre Kindertagespflegestelle werben und auf ihr Angebot aufmerksam machen. Werbung kann über viele verschiedene Kanäle stattfinden. Selbsterstellte Flyer, die im eigenen Kiez und dessen Ein- richtungen verteilt werden, die ins- besondere von Familien besucht werden, sind eine niederschwellige Möglichkeit der Eigenwerbung. Orte wie Kinderarztpraxen, Familienzentren, Gynäkologie-Praxen, He- bammenpraxen, Kindercafés, Spielplätze, aber auch Supermärkte und Kirchen- gemeinden sind geeignete Anlaufstellen. Bevor Flyer oder Werbematerialien dort 29
Pflegekinder 1/2025 aufgehängt werden, bedarf es jedoch einer Erlaubnis durch die jeweilige Institution. Eine nicht zu unterschätzende Werbe- ist die Weiterempfehlung möglichkeit durch Eltern bzw. Erziehungsbe- rechtigte (ehemaliger) Tagespflegekinder. Eltern sind im eigenen Kiez häufig gut miteinander vernetzt. Wenn Eltern zu- frieden mit dem Betreuungsangebot einer Kindertagespflegestelle sind, können sie ihre Zufriedenheit auch in ihr nahes Umfeld tragen und andere Eltern auf freie Be- treuungsplätze hinweisen. Persönliche Er- fahrungen und Empfehlungen werden häufig dankbar von insbesondere frisch gewordenen Eltern angenommen. Die Vernetzung zu anderen Kindertages- pflegestellen im nahen Umfeld (falls vorhanden) kann ebenso dafür genutzt werden, Eltern gegenseitig auf freie Betreuungsplätze in der jeweils anderen Kindertagespflegestelle aufmerksam zu machen, sofern in der eigenen Kinder- tagespflegestelle keine Kapazitäten be- stehen. Der jährlich stattfindende Tag der offenen Tür für die Kindertagespflege, der durch den Kindertagespflege Landesverband Berlin organisiert wird, bietet einen Weg zur Werbung für die eigene Kindertages- pflegestelle. Hier können Kindertages- pflegestellen ihre Türen für interessierte Eltern öffnen, um ihnen Einblicke in ihre Arbeit zu gewähren. Eine Anmeldung dazu ist einige Wochen vor dem entsprechenden Termin über den Kindertagespflege Landesverband Berlin möglich. Neben diesen überwiegend analogen Möglichkeiten der Eigenwerbung kommen auch digitale Werbemaßnahmen infrage. Mit Hilfe einer eigenen Website können Kindertagespflegepersonen über ihr Ange- bot, ihre pädagogischen Schwerpunkte (Stichwort Konzeption) und auch freie Betreuungsplätze informieren. Auch das Platzieren von Empfehlungen durch Eltern ehemaliger Betreuungskinder wirkt über- zeugend. Bei Anbietern wie „Meine Website Kindertagespflege“ www.webseite-kindertagespflege.de oder „Meine KTP Website“ meine-ktp-webseite.de können Kindertagespflegepersonen ihre eigene Website mittels Baukastensystem und mit professioneller Unterstützung er- stellen. 30 © Foto von Zoshua Colah auf Unsplash
Beide Angebote sind in fachlicher Zu- sammenarbeit mit dem Bundesverband für Kindertagespflege e.V. entstanden. Eine Website allein reicht jedoch nicht aus, denn schließlich müssen Eltern auch wissen, dass es diese Website überhaupt gibt und wie sie diese erreichen. Eine zeitgemäße Möglichkeit wäre hier das Platzieren eines QR-Codes beispielsweise auf einem Flyer, einem Werbebanner oder einem Aushang. Auch die Nutzung von sozialen Medien, wie Instagram, ist denkbar. Durch Beiträge und persönliche Worte kann das eigene Profil aufgewertet werden, wodurch Außenstehende Einblicke in die Arbeits- praxis erhalten. An dieser Stelle jedoch sicherheitshalber der Hinweis, dass keine Fotos von Kindern gezeigt werden sollten. Gegen das Zeigen von entstandenen Basteleien, Details der Raumgestaltung, kleine Anekdoten oder die Beschreibung der Gruppen-Rituale spricht hingegen nichts. Über den Instagram-Account der eigenen Kindertagespflegestelle kann auf freie hingewiesen werden. Das Fortbildungszentrum von Familien in diesem Jahr dazu erneut eine Fort- bildungsveranstaltung an: www.fortbildungszentrum- berlin.de/kindertagespflege/jahresprogr amm/?fb=4822 für Kinder gGmbH bietet Betreuungsplätze Schließlich sei an dieser Stelle auch das Werben für freie Betreuungsplätze über die Pflegekinder 1/2025 können Plattform Kleinanzeigen (www.kleinanzeigen.de) erwähnt. Denn über Kleinanzeigen neben privatem Eigentum auch lokale Dienst- leistungen angeboten werden. Anzeigen können kostenlos erstellt und veröffentlicht oder gegen Gebühr auch hervorgehoben werden. Eine ähnliche Möglichkeit bietet die Plattform Lilovi (www.lilovi.de), die jedoch im Unterschied zu Kleinanzeigen ausschließlich Betreuungsplätze für Kinder im nahen Umfeld kenntlich macht. Kinder- tagespflegestellen können hier ein Profil erstellen und tagesaktuell die Anzahl der freien Betreuungsplätze veröffentlichen. Im Profil können zudem Öffnungszeiten, pädagogische Schwerpunkte, Fotos der Einrichtung, Adresse und Kontakt- möglichkeiten veröffentlicht werden. Auch Lilovi ist für Kindertagespflegepersonen kostenlos. Anhand der vorgestellten Beispiele wird deutlich, wie viele Möglichkeiten der Eigenwerbung es für Kindertagespflege- stellen gibt. Jede Kindertagespflegeperson entscheidet selbst, welche Werbemaß- nahmen für sie ganz persönlich infrage kommen und sinnvoll sind. Fest steht jedoch, dass das Werben unumgänglich ist, um die eigenen Betreuungsplätze ver- lässlich auszulasten. Jacqueline Seils Landesberatungsstelle Kindertagespflege 31
Pflegekinder 1/2025 Empfehlung Podcast Klasse Berlin: Die Kindertagespflege Seit Mai 2024 veröffentlicht die Senats- verwaltung für Bildung, Jugend und Familie monatlich eine Episode ihrer Podcast- Reihe „Klasse Berlin“, die jeweils ein bildungs-, jugend- oder familien-politisches Thema genauer beleuchtet, indem vor allem die Menschen zu Wort kommen, die diese Angebote in der Stadt aktiv mitgestalten. Nachdem bereits u.a. die Berliner Stadtteilmütter, die Straßen- sozialarbeit mit Jugendlichen und die Beschulung während Krankenhausaufent- halten porträtiert wurden, widmet sich die 10. Folge des Podcasts, die am 17.02.2025 erschienen ist, dem Betreuungsangebot Kindertagespflege. Als Zuhörer*in be- kommt man anhand eines Besuchs in einer Kindertagespflegestelle einen Einblick in die besonderen Merkmale, die diese individuelle Betreuungsform vor allem Kindern unter 3 Jahren in kleinen Gruppen bietet. Wie man Kindertagespflegeperson werden kann und welche Rolle das Ju- gendamt in dem Zusammenhang spielt, wird darüber hinaus von einer Mitarbeiterin der Landesberatungsstelle Kindertages- pflege von Familien für Kinder erläutert. Hören Sie doch gerne mal rein! Frauke Zeisler Landesberatungsstelle Kindertagespflege 32
Pflegekinder 1/2025 Schwerpunkt Pflegekinderhilfe Einladung zum 23. Tag der Berliner Pflegefamilien im Deutschen Technikmuseum Berlin Unter dem Motto „Technik begeistert“ werden alle Berliner Pflegefamilien zum 23. Berliner Pflegefamilientag am 28. September 2025 ins Technikmuseum in Kreuzberg eingeladen. Uns erwartet wieder ein Tag voller Überraschungen! Wo und wann? Am Sonntag, den 28. September 2025 – im Technikmuseum in Friedrichshain- Kreuzberg, von 11 – 16 Uhr. Um 12 Uhr wird Frau Günther-Wünsch, Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, zusammen mit anderen Fachkräften der Berliner Pflegekinderhilfe den 23. Berliner Pflegefamilientag offiziell eröffnen. Alle Pflegefamilie erhalten im Eingangs- bereich ihre Veranstaltungsbändchen und damit freien Eintritt ins Museum. Zur Stärkung werden alle Pflegefamilien zu einem Imbiss mit Softgetränk einge- laden. Die Essen-Bons erhalten alle Pflegefamilien am Stand Ihres zu- ständigen Pflegekinderservice. Wir freuen uns auf einen besonderen Tag an einem besonderen Ort. Weitere Infos zur Veranstaltung: www.pflegefamilientag-berlin.de 33
Pflegekinder 1/2025 .Wir sind jetzt auf Instagram! Die Landesberatungsstelle Pflegekinderhilfe Die Landesberatungsstelle Pflegekinder- hilfe ist seit 15. April 2025 unter dem Namen pflegekinderberlin jetzt auch auf der Social Media-Plattform Instagram zu finden! Wir haben es uns zum Auftrag gemacht, alle Informationen rund um das Thema Pflegefamilie in spannenden Info-Posts neu aufzubereiten, um auch neue Zielgruppen auf die wichtige Arbeit von Pflegeeltern aufmerksam zu machen. für für Woche wollen wir die Woche wichtigsten Schritte angehende Pflegeeltern, alles Wissenswerte rund um die Pflegekinderhilfe und natürlich die Aufgaben von Pflegefamilien in den Vordergrund rücken. Neben unseren alltäglichen Informations- und Beratungsarbeit in der Landes- beratungsstelle, wollen wir mit viel Lust und Kreativität auch das Handwerk „Social Media“ erlenen und uns einen weiteren Standfuß aufbauen. Der Account wächst stetig durch unsere Inhalte und wir wollen die Inter- aktionsmöglichkeiten von Social Media voll ausschöpfen. Fragen und Themen- wünsche können deshalb natürlich sehr gerne und jederzeit an uns herangetragen werden. Wir freuen uns darauf, unseren Account mit Leidenschaft und Kreativität weiterzu- entwickeln und eine Plattform zu bieten, auf der wir zusätzlich Informationen vermitteln können und als Ansprech- personen erreichbar sind. Schaut gerne vorbei! Landesberatungsstelle Pflegekinderhilfe Angelika Nitzsche Anne Reising 34
Pflegekinder 1/2025 Aktuelle Empfehlungen des Deutschen Vereins für Pflegegelder in der Vollzeitpflege Ein Blick auf den Handlungsbedarf Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. ist eine zentrale Stimme der sozialen Arbeit in Deutschland. Er setzt sich kontinuierlich für die Ver- besserung der Rahmenbedingungen für Pflegefamilien ein, insbesondere im Hin- blick auf die finanziellen Unterstützungen, die Pflegefamilien für ihre Arbeit als Teil der Hilfen zur Erziehung erhalten. Besonders in Berlin, einer Stadt mit hohen Lebens- haltungskosten, ist die angemessene finanzielle Absicherung der Pflegefamilien von zentraler Bedeutung. Der Status quo: Pflegegelder in Berlin und die aktuellen finanziellen Sätze In Berlin wurden die Pauschalsätze für die Vollzeitpflege im September 2024 das erste Mal seit zwölf Jahren angehoben. Damit reagiert das Land Berlin darauf, jahrelang das Schlusslicht im gesamt- deutschen Vergleich gewesen zu sein. Diese Beträge sollen die vielfältigen Kosten abdecken, die bei der Betreuung eines Kindes anfallen, darunter Unterkunft, Verpflegung, Kleidung, Bildung und weitere Bedürfnisse. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass diese Sätze in einer Stadt mit hohen Mieten und Lebenshaltungs- kosten häufig nicht ausreichen, um die tatsächlichen Ausgaben vollständig zu decken. Pflegefamilien in Berlin berichten, dass sie oft zusätzliche finanzielle Belastungen tragen oder sogar extra angelegte Rücklagen antasten müssen, 36 um den Bedürfnissen der Kinder gerecht werden zu können. Empfehlungen des Deutschen Vereins für die Situation in Berlin Erhöhung Der Deutsche Verein fordert eine regel- mäßige Überprüfung und Anpassung der Pflegegelder, um der steigenden finanziel- len Belastung von Pflegefamilien ent- gegenzuwirken und eine angemessene und verlässliche Unterstützung zu ge- währleisten: 1) Angemessene der Pflegegelder: Die aktuellen Sätze sollten regelmäßig an die tatsächlichen Kosten angepasst werden, die durch Inflation, gestiegene Lebenshaltungskosten und die besonderen Bedürfnisse der Kinder entstehen. 2) individueller Bedürfnisse: Kinder, die in Pflegefamilien aufwachsen, haben vielschichtige Bedürf- nisse, die eine flexible und bedarfsgerechte finanzielle Unterstützung erfordern. Die Empfehlungen sprechen sich für eine Staffelung oder zusätzliche Zuschläge aus, um besondere Herausforderungen, wie Verhaltensauffälligkeiten oder gesund- heitliche Einschränkungen, zu berück- sichtigen. 3) Langfristige Planungssicherheit: Pflegefamilien benötigen verlässliche und planbare finanzielle Rahmenbedingungen Berücksichtigung
Der Deutsche Verein fordert daher eine stabile und transparente Finanzierung, die auch zukünftige Anpassungen berück- sichtigt. 4. Erweiterung der Unterstütz- ungsangebote: Neben den Pflegegeldern sollten auch weitere Unterstützungs- leistungen, wie Beratungsangebote, Fort- bildungen und Entlastungsleistungen, aus- gebaut werden, um die Pflegefamilien in ihrer wichtigen Aufgabe zu stärken. Dabei bedarf es auch einer flächendeckenden Information über bereits bestehende Informations- und Vernetzungsangebote Vergleich mit den aktuellen Sätzen in Berlin Wenn man die Empfehlungen des Deutschen Vereins mit den aktuellen Pflegegeldern in Berlin vergleicht, wird deutlich, dass die bestehenden Sätze häufig nicht ausreichen, um die tat- sächlichen Kosten zu decken. Die vor- geschlagenen Anpassungen würden dazu beitragen, die finanzielle Belastung der Pflegefamilien in Berlin zu verringern und die Qualität der Betreuung der Kinder zu verbessern. Pflegekinder 1/2025 Der Handlungsbedarf: Warum sind Änderungen in Berlin notwendig? Anpassungsbedarf Angesichts der hohen Lebenshaltungs- kosten in Berlin besteht weiterhin fortlaufender der Pflegegelder. Ohne angemessene finan- zielle Unterstützung werden nicht nur engagierten Pflegeeltern Steine in den Weg gelegt, dem Betreuungsaufwand der Kinder gerecht zu werden, sondern auch potenzielle neue Pflegeeltern abge- schreckt, sich überhaupt auf den Weg zu machen und einem Kind, das ein Zuhause in einer Pflegefamilie braucht, ein sicheres und stabiles Umfeld bieten zu können. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass Pflegeeltern eine wichtige Aufgabe für unsere Gesellschaft übernehmen, die es anzuerkennen gilt. Und zwar auch durch Wertschätzung in Form der notwendigen (finanziellen) Unterstützung, damit sie auch weiterhin ihre selbstauferlegte Aufgabe bestmöglich erfüllen können. Toni Engler Landesberatungsstelle Pflegekinderhilfe Ist- und Soll-Zustand nach der Empfehlung des Deutschen Vereins 2025 Altersstufe 0 bis unter 6 Jahre 6 bis unter 12 Jahre 12 bis unter 18 Jahre Ist Soll Ist Soll Ist Soll 420,- € 430,- € 420,- € 430,- € 420,- € 430,- € 603,- € 748,- € 713,- € 884,- € 856,- € 1.050,- € Pauschale zur Pflege und Erziehung Kosten für Sachaufwand Gesamt 1.023,- € 1.178,- € 1.133,- € 1.314,- € 1.266,- € 1.480,- € 37
Pflegekinder 1/2025 Halbzeit!? Zwischenbilanz zum Startbonus Pflegekind Wo stehen wir? Seit das Modellprojekt Startbonus Pflege- kind im Dezember gestartet ist, ist viel passiert! In der Mitte des Jahres 2025 - und der Projektlaufzeit - ist ein guter Zeitpunkt, um gemeinsam zurück, aber auch nach vorn zu schauen. Als kleine Erinnerung noch einmal eine Übersicht, was der Startbonus Pflegekind ist: Der Startbonus Pflegekind ist eine elterngeldähnliche Leistung von 924 € monatlich für Pflege- familien, die ein Kind neu in ein auf Dauer angelegtes Vollzeitpflegeverhältnis auf- nehmen. im Jahr 2025 Damit sollen aufnehmende Pflegeeltern entlastet und sie dabei unterstützt werden, besonders in der Anfangszeit ausreichend Zeit für das Ankommen des Kindes aufbringen zu können. Da Pflege- eltern aktuell bundesweit keinen An- spruch auf Elterngeld nach dem BEEG (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz) haben, soll der Startbonus Pflegekind für Pflegefamilien diese Anspruchslücke ausgleichen. Der Startbonus Pflegekind ist ein Modellprojekt der Senatsver- waltung für Bildung, Jugend und Familie des Landes Berlin und kann noch bis 10. Dezember 2025 bei Familien für Kinder gGmbH beantragt werden. 38 Die Zahlen: Bisher konnten 40 Pflegefamilien den Startbonus Pflegekind nach Aufnahme eines Kindes bewilligt bekommen (Stand: 16.06.2025). Im Leistungszeitraum arbeitet mindestens ein Pflegeelternteil neben der Betreuung nicht mehr als 32 Stunden pro Woche. Bei den meisten Pflegefamilien, die den Startbonus erhalten, liegt die Arbeitszeit jedoch sogar weit unter dem maximalen Wochenstundenwert. Insgesamt konnte in 32 von den 40 Pflegefamilien mindestens eine Person teilweise oder für den ge- samten Zeitraum der Bewilligung die Arbeitszeit auf null Stunden reduzieren, ein Großteil davon in offizieller Elternzeit. Fünf Pflegefamilien mit je zwei Pflege- elternteilen wechseln die im Modellprojekt sogenannte Hauptbetreuungsperson wäh- rend des Leistungszeitraums. Sie können nacheinander die Arbeitszeit reduzieren und haben dadurch die Möglichkeit, beide das Kind im ersten Jahr bei sich in der Pflegefamilie intensiv zu begleiten. Etwa ein Viertel der antragstellenden Pflege- familien sind Ein-Eltern-Familien. Gerade für Pflegefamilien mit einem Pflege- elternteil ist der Startbonus von besonderer Bedeutung. In diesen Pflegefamilien kann sich Arbeits- und Betreuungszeit nicht unter den Pflegeeltern aufgeteilt werden. Deswegen sind die (finanziellen) Heraus- forderungen für Singles sich als Pflege- familie zu bewerben häufig größer. Hier
sehen wir eine große Chance, mit einem langfristig angelegten Projekt mehr Single- Menschen für diese Aufgabe gewinnen zu können. nehmen und führten in den Gesprächen aus, wie wichtig und notwendig eine finanzielle Unterstützung für die Anfangs- zeit ist. Pflegekinder 1/2025 Die Stimmen der Pflegefamilien: Im Rahmen der Antragstellung laden wir alle Pflegeeltern zu einem persönlichen Gespräch ein. Zum einen möchten wir sicherstellen, dass offene Fragen schnell und direkt beantwortet werden können, zum anderen interessiert uns natürlich, was der Startbonus Pflegekind konkret für die Pflegefamilien tun kann. Für alle Pflegeeltern, mit denen wir ge- sprochen haben, stellt der Startbonus Pflegekind eine große Erleichterung dar. Die meisten von ihnen haben sich vor der Kenntnis über den Startbonus ver- schiedene Strategien überlegt, wie sie die Anfangszeit mit dem Kind auch mit weniger Einkommen gut bewältigen können. Auch wenn die monatlichen 924 € die Ein- kommenslücke meist nicht vollständig schließen können, wird die Unterstützung dennoch als wertvoll erlebt. Sie gibt den Pflegeeltern etwas sehr Entscheidendes: mehr Zeit und mehr Ressourcen für das Kind beispielsweise durch eine Ver- längerung der Elternzeit oder die Mög- lichkeit, Elternzeit überhaupt zu nehmen. Die befragten Pflegeeltern betonen, wie hoch sie den Stellenwert dieses Projekts einschätzen gerade in Bezug auf die Gewinnung neuer, zukünftiger Pflege- eltern. Die Pflegeeltern untereinander sind häufig gut vernetzt, kennen die Lage von anderen Personen im Freundes- oder Bekanntenkreis, vorstellen könnten, ein Kind in Dauerpflege aufzu- sich die Durch den Startbonus Pflegekind wird die Sichtbarkeit der Aufgabe als Pflegefamilie in der Gesellschaft verstärkt. Die Um- setzung des Projekts wird deshalb von den befragten Pflegeeltern als eine Form der Anerkennung und Wertschätzung wahr- genommen, die im Bereich der Hilfen zur Erziehung sehr bedeutsam ist. In den Gesprächen mit den Pflegeeltern wurde auch ein weiterer Aspekt häufig genannt: Sie möchten leiblichen Eltern gleichberechtigt sein, indem sie neben dem Anspruch auf Elternzeit auch Anspruch auf Elterngeld nach dem BEEG haben. Klar ist: Der Startbonus ist kein Elterngeld. Auch wenn das Projekt voraussichtlich für ein Jahr ein Zusatz ist, den Pflegefamilien erhalten, die in 2025 ein Kind dauerhaft aufnehmen, kann der Startbonus als be- fristetes Projekt Pflegefamilien langfristig noch keine Sicherheit schenken, den Übergang im Zusammenleben mit einem Pflegekind ohne finanzielle Einschrän- kungen auch für neue Pflegeeltern in den Folgejahren zu gestalten. Was der Startbonus bewirkt - und warum er mehr als ein Projekt ist. ist entscheidend Die erste Zeit nach der Aufnahme eines Pflegekindes für das gemeinsame Ankommen und der Grund- pfeiler für das weitere Zusammenleben als Pflegefamilie. Auch wenn sich Kind und Pflegeeltern bereits im Rahmen der Anbahnung kennengelernt haben, stellt die neue Lebenssituation beide Seiten vor 39
Pflegekinder 1/2025 große Herausforderungen. In dieser sen- siblen Phase braucht es vor allem eines: Zeit und Aufmerksamkeit. wichtigen Beitrag leisten, indem er das Thema sichtbar macht, Unsicherheiten abbaut und konkrete Unterstützung bietet. Der Startbonus schafft hier Freiräume. Er ermöglicht Pflegeeltern, ihre Erwerbs- tätigkeit vorübergehend zu reduzieren und sich ganz auf das Kind und dessen Be- dürfnisse zu konzentrieren. Gerade bei sehr jungen Kindern ist eine frühzeitige Betreuung in Kita oder Kindertagespflege oft noch nicht möglich und/oder päda- gogisch sinnvoll. Bei Paaren verteilt sich die Verantwortung für ein neues Familien- mitglied auf zwei Personen, bringt aber trotzdem organisatorische und emotionale Herausforderungen mit sich. Pflegeeltern leisten in dieser Zeit eine verantwortungsvolle Beziehungsarbeit - vergleichbar mit leiblichen Eltern, die durch das Bundeselterngeldgesetz abgesichert sind. Pflegefamilien hingegen müssen bis- lang andere Wege finden, um diese Phase zu gestalten. Hier greift der Startbonus. Die bisherigen Erfahrungen zeigen deutlich: Es darf nicht bei einem befristeten Modell bleiben. Für die Pflegefamilien geht es um Entlastung und Sicherheit. Und von diesen beiden Faktoren profitieren letztendlich immer die Kinder. Und um das auch deutlich zu sagen: Wir brauchen Pflegefamilien! Noch immer landen zu viele sehr kleine Kinder in Heimeinrichtungen, für die kein geeigneter Platz in einer Pflegefamilie zur Verfügung steht. Der Startbonus kann hier einen Ziel muss es sein, mehr Menschen durch passende Rahmenbedingungen dafür zu gewinnen, Pflegeeltern zu werden und zugleich bestehende Pflegefamilien wert- schätzend zu begleiten. Mit dem Start- bonus Pflegekind wird ein klares Signal gesendet: Die Leistung von Pflegefamilien ist ein unverzichtbarer Teil der Hilfen zur Erziehung und verdient gesellschaftliche Anerkennung und Förderung. Wie geht es weiter? Ob und wie der Startbonus Pflegekind in eine neue Runde geht, steht noch nicht fest. Wir von Familien für Kinder gGmbH befürworten jedoch eine Verlängerung des Projekts. Denn es ist deutlich geworden: Ja, eine Unterstützung in Form dieser elterngeldähnlichen Leistung kann etwas bewirken! Auf Ebene der Pflegefamilien, die bereit sind, ein Kind bei sich auf- zunehmen, aber auch bei den Menschen, die noch gezögert haben! Nutzen Sie also die Chance: Noch bis Dezember 2025 kann der Startbonus beantragt werden - einfach und unkom- pliziert per E-Mail. Toni Engler Familien für Kinder gGmbH Startbonus Pflegekind 40
Pflegekinder 1/2025 Den Startbonus Pflegekind können 2025 alle Pflegeeltern erhalten, die: ein Kind in ein auf Dauer angelegtes Vollzeitpflegeverhältnis aufnehmen (nach dem 01.09.2024). Der Hauptwohnsitz der Pflegeeltern ist in Berlin. Das Kind ist noch nicht eingeschult oder (wird) vom Schuleintritt Für das Pflegekind liegt die Zuständigkeit bei einem Berliner Bezirk. zurückgestellt. Die Pflegeeltern sind nicht mit dem Kind verwandt. Die Arbeitszeit wird auf 32 Stunden/Woche oder weniger reduziert. Das gilt auch, wenn Sie bereits weniger als 32 h/Woche arbeiten, in Elternzeit gehen oder keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Bei Paaren reicht es, wenn ein Pflegeelternteil die Arbeitszeit reduziert. Alle Informationen und den Antrag zum Startbonus Pflegekind: www.pflegekinder-berlin.de/startbonus Ansprechperson für den Startbonus Pflegekind: Toni Engler (sie/ihr) Telefon: 0155 60 98 49 51 Email: startbonus@pflegekinder-berlin.de 41
Pflegekinder 1/2025 Eine fantastische Reise in die Gegenwart Warum Ombudschaft der Clou der Jugendhilfe ist Unabhängige Beratung und Unter- stützung gesucht! Wäre es nicht fantastisch, wenn es für Kinder und Jugendliche, die in Pflege- familien leben und von der Jugendhilfe unterstützt werden, eine unabhängige Beratung gäbe? Wenn sie bei Fragen zu ihrer Hilfeplanung oder schwierigen Aus- einandersetzungen mit dem Jugendamt jemanden um Rat fragen könnten, der*die sie über ihre Rechte und Möglichkeiten aufklärt und sie ggf. auch dabei unterstützt, in der Auseinandersetzung Gehör zu fin- den und ihre eigene Position mit einzu- bringen. Ein anderes Bild: Wäre es nicht klasse, wenn wie so viele Einrichtungen und Behörden und Firmen auch die Jugend- ämter auf Feedback setzen würden? Wenn sie herausfänden: Was halten die Adres- sat*innen eigentlich von uns? Wie haben sie die Begegnungen mit uns bei der Hilfeplanung Mit welchen Maßnahmen haben wir sie gut und erfolgreich unterstützt? Wo haben sie sich unverstanden gefühlt? Was hätten wir besser machen können, getreu dem Ziel, für die Kinder individuell die bestmögliche Unterstützung zu finden und zu gewähren? wahrgenommen? Und noch ein dritter Anfang: Ist es nicht langsam Zeit, in unserer Gesellschaft mal wieder zur guten alten Kultur des Fragen- stellens zurück zu finden? Wenn ich etwas nicht verstehe: Einfach nachfragen – und niemand lacht mich dafür aus oder ist 42 genervt von mir, wenn etwas nicht so läuft, wie ich es mir gewünscht hätte: Einfach ansprechen und mit den anderen Beteiligten schauen, ob man nicht etwas anders oder besser machen könnte – und niemand ist genervt, weil sein*ihr Ziel, wie meines, ja auch die bestmögliche Lösung für eine bestimmte Situation sein sollte. In der Pflegekinderhilfe sind – mal ganz abgesehen von der schwierigen familiären Bedingungen, die dazu geführt haben, dass junge Menschen nicht bei ihren Eltern aufwachsen können und stattdessen in einer Pflegefamilie leben – die Nöte oft ganz real und werden von den jungen Menschen in Gesprächen oft beschrieben: Wie sie in Hilfeplangesprächen oft das Gefühl haben, gar nicht richtig dazu zu gehören, und erst im Nachhinein merken, dass sie eigentlich nicht ganz verstanden haben, was da nun genau verhandelt und festgesetzt wurde. Wie sie sich häufig zurückgesetzt fühlen, wenn sie eigene Wünsche sie versuchen, in einen Austausch mit ihrem Gegenüber im Jugendamt einzutreten, und dabei nur merken: So richtig scheint es ihn*sie doch nicht zu interessieren. Wie sie – meist rückblickend – merken, dass oft genug die Hilfeplanung, die ja mit ihnen gemeinsam entwickelt und zu ihrem Besten gelenkt werden soll, „irgendwie passiert ist“ (und nicht immer zum Guten), ohne dass sie selbst mitgemischt hätten. oder wenn äußern, solchen Erfahrungen resultiert Aus Frustration und nicht selten auch eine
Abkehr der Jugendlichen von der Jugend- hilfe, die eigentlich ihre Nähe sucht. In manchen Fällen geht es aber nicht nur um ein diffuses „Unwohlsein“ mit der Jugendhilfe, sondern um eklatante Fälle, in denen Wunsch und Wahl der Adres- sat*innen der Jugendhilfe überhaupt nicht mit der Bewilligung – häufiger Nicht- Bewilligung – der Hilfemaßnahmen zusam- menfallen. Beteiligungsrechte werden nicht selten verletzt, aber mitunter auch ganz andere Rechte, die die jungen Menschen und ihre Familien haben. Da sie davon aber nicht wissen, können sie auch nicht für sie einstehen. Also nochmal ein Versuch: Wäre es nicht super, wenn diese jungen Menschen Auf- klärung über diese ihre Rechte fänden, wenn sie verstehen würden, worum es in der Hilfeplanung geht, und wenn ihnen jemand beistünde und zu ihrem Recht verhelfen würde, wenn sie den Eindruck haben, da läuft etwas schief? Ombudschaft, schon mal gehört? Gibt es! Und jetzt der springende Punkt: All diese Möglichkeiten gibt es, sie werden geboten von der Ombudschaft für die Kinder- und Jugendhilfe. Hinter dieser Einrichtung mit dem sperrigen Namen verbergen sich regionale Anlaufstellen, die Adressat*innen der Kinder- und Jugendhilfe im Konfliktfalle mit Rat und Unterstützung zur Seite stehen. Die Ombudschaft ist gedacht als Bestärkung des Individuums gegenüber dem „großen“ Staat und seinen Behörden. Denn die Regeln und Möglich- keiten und Rechtsfragen sind dabei meist den Behördenvertreter*innen bekannt, „kleinen“ Pflegekinder 1/2025 dem*der Bürger*in aber weniger, was eine sogenannte Machtasymmetrie bewirkt, also eine äußerst ungleiche Ausgangslage für ein kooperierendes Miteinander. für die Kinder- Ombudschaft und Jugendhilfe ist nicht neu – bereits seit 2002 gibt es erste Einrichtungen, die diese Beratungstätigkeit unabhängig, kostenfrei und auf Wunsch auch anonym für die anfragenden Ratsuchenden ausüben. Neuen Rückenwind hat die Ombudschaft allerdings erfahren mit dem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, welches 2021 die Möglichkeit der jungen Menschen und ihrer Familie, sich zu beschweren und auch unabhängig prüfen zu lassen, ob be- stimmte Entscheidungen rechtskonform sind, bestärkt hat. In §9a des achten Sozialgesetzbuchs heißt es: „In den Ländern wird sichergestellt, dass sich junge Menschen und ihre Familien zur Beratung in sowie Vermittlung und Klärung von Konflikten im Zusammenhang mit Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe (…) an eine Ombudsstelle wenden können. (…)“ Projekt „Jugendhilfe nachgefragt!“ Das Kompetenzzentrum Pflegekinder Berlin setzt sich seit Jahren dafür ein, Unklarheiten oder Schwachstellen der Pflegekinderhilfe aufzudecken und ge- meinsam mit Pflegekindern selbst sowie Fachkräften Lösungsvorschläge zu erar- beiten. 43
Pflegekinder 1/2025 In der Projektreihe „Jugendhilfe nachge- fragt!“ haben sich neun Pflegekinder und Careleaver*innen zwischen 16 und 25 Jahren mit dem Prinzip Ombudschaft auseinandergesetzt. Sie alle wussten vor- her nicht einmal, dass es sowas gibt – und das obwohl seit 2021 im Gesetz steht, dass die Adressat*innen der Jugendhilfe über diese Art von Beschwerdeweg informiert werden müssen. Bei Pflegefamilien und den jungen Menschen selbst ist das bisher nur in den seltensten Fällen angekommen. Unter der Überschrift „Ombud-was??!?“ haben die Mitwirkenden im Projekt bundes- weit Ombudsstellen besucht, Fragen ge- stellt und versucht, sich ein Bild zu machen: Wie funktioniert ombudschaft- liche Beratung genau? Wer kann sich dahin wenden und in welchen Fällen? Sind die wirklich unabhängig? Wie kann die Ombudschaft im Konfliktfall helfen? Und 44 © Amina Busch wie müssen solche Unterstützungsange- bote gestaltet sein, damit mehr Berechtigte davon erfahren und damit jede*r in Not sie leicht in Anspruch nehmen kann? In Interviews und Workshops gemeinsam mit Ombudsleuten haben die jungen Adressat*innen der Jugendhilfe sich Gedanken gemacht über: Feedbackmög- lichkeiten, Mitgestaltung, Beschwerde- möglichkeiten, aber auch über die Ver- zweiflung, wenn einem wichtige Infos fehlen und man das Gefühl hat, es schwimmen einem alle Felle davon. Sie haben die Erfahrung einer Jugendhilfe gemacht, die leider manches Mal eher behördlichen Eigenregeln zu folgen scheint und dem Anspruch nicht gerecht wird, Unterstützungsmaßnahmen, derer der junge Mensch bedarf, bestmöglich zur Verfügung zu stellen. Es zeigt sich: Gespräche mit diesen jungen
Expert*innen der Jugendhilfe halten eben- so wie die Erfahrungen der Ombudschaft der Jugendhilfe einen Spiegel vor: Wir erkennen Schwachpunkte und können dort ansetzen, um die Umsetzung der Hilfen zur Erziehung besser zu machen. „Wer unfrei ist, kann nicht kooperieren!“, sagt die Berliner Theaterpädagogin Maike Plath, die sich viel mit einer gleichwürdigen Kommunikation zwischen Institutionen und Behörden und dem einzelnen Menschen beschäftigt hat. Durch Projekt wie dieses entsteht mehr Wissen, mehr Verständnis und mehr Mut, sich bei Unklarheiten oder Rechtsverletzungen auch zur Wehr zu setzen. Wer freier ist, kann nämlich auch wieder solche Menschen brauchen wir hierzulande doch! kooperieren – und Konflikte Zusatzkraft durch Ombudschaft in der Pflegekinderhilfe? Im Projekt entstehen mehrere Folgen des Podcasts Jugendhilfe nachgefragt! – von denen die Folgen aus einem ersten Pflegekinder 1/2025 Projektteil bereits zu hören sind unter www.jugendhilfe-nachgefragt.de. Das Konzept hierbei ist, dass Fragen die Gespräche leiten – und dass jeweils junge Expert*innen der Pflegekinderhilfe – Pflegekinder oder Careleaver*innen – ein „anderen“ Gespräch Expert*innen – also Fachkräften der Jugendhilfe. führen mit den Aktuell entwickelt die Gruppe Folgen, die das Prinzip Ombudschaft erklären und an praktischen Situationen erläutern, wie die Unterstützung aussehen kann und warum man keine Hemmung haben sollte, das in Anspruch zu nehmen. Außerdem ist das Thema Ombudschaft insgesamt in der Gesellschaft, ja selbst in der Jugendhilfe-Szene noch so wenig geläufig, dass die Beteiligten – Care- leaver*innen und Ombudsleute – zu einem Fachtag in Kooperation mit dem Bundesnetzwerk Ombudschaft für Kinder- und Jugendhilfe e. V. durchgeführt. einladen. Dieser wird © Kompetenzzentrum Pflegekinder e.V. 45
Pflegekinder 1/2025 Am 12. Januar 2026 werden sie unter dem Titel „Konflikte in der Pflegekinderhilfe – Zusatzkraft durch Ombudschaft“ Ge- spräche, Diskussionen, Lesungen und Ausstellungen präsentieren und zu einem Austausch einladen darüber, wie gut Nachfragen, Feedback und Beschwerde sind, um Abläufe wie die Jugendhilfe stetig verbessern zu können. Mit einem Buddy, der in Notsituationen an meiner Seite steht, sieht alles meist schon viel besser aus. Zusatzkraft Ombudschaft halt. Infos zum Projekt: Aber ohne das Engagement und die Power der neun jungen Menschen, die ehren- amtlich Zeit in eine solche Praxisforschung stecken, hätten wir nie so viel heraus- gefunden. Ein dickes Dankeschön an: Amina, Christin, Justin, Luna, Marcel, Niko, Phil, Sarah und Steven! Katrin Behrens Kompetenzzentrum Pflegekinder e.V. kompetenzzentrum-pflegekinder.de/projekte/ombud-was/ Podcast und andere Projektergebnisse: jugendhilfe-nachgefragt.de Anmeldung zum Fachtag: kompetenzzentrum-pflegekinder.de/veranstaltungen/fachtag/ Katrin Behrens arbeitet seit 2016 für das Kompetenzzentrum Pflegekinder mit den Schwerpunkten Beteiligung, Kinderrechte, Careleaving, Biografiearbeit – und seit neuestem mit wachsenden Kenntnissen über Ombudschaft. 46
Erwachsenwerden mit und nach der Pflegefamilie Lebensverläufe und Teilhabeperspektiven junger Menschen in der Langzeitstudie Care Leaver Statistics Pflegekinder 1/2025 und 2023 wurden rund 87.000 Kinder und Jugendliche in einer Pflegefamilie betreut (Statistisches Bundesamt, 2025). Als Teil der Kinder- und Jugendhilfe sollen die Hilfen zur Erziehung im Rahmen der Vollzeitpflege die Entwicklung fördern und damit dazu beizutragen, dass junge Menschen zu einer „selbstbestimmten, eigenverantwortlichen gemein- schaftsfähigen Persönlichkeit“ heran- wachsen (§ 1 SGB VIII). Wir wissen jedoch nicht genug darüber, wie es jungen Menschen geht, wenn die (stationären) Hilfen zur Erziehung sich dem Ende zuneigen und sie ins Er- wachsenenleben starten. Die quantita- tive Langzeitstudie Care Leaver Statistics (im Folgenden auch CLS-Studie) soll deswegen quantitative Daten zu ihrer Lebenssituation, ihren Teil- habechancen und Unterstützungsbe- darfen erheben. Dafür werden seit 2023 bundesweit jedes Jahr junge Menschen befragt, die zu Beginn der Studie in Wohngruppen und Pflegefamilien wohn- ten. Es ist geplant, die Befragungen bis 2029 zu wiederholen, so dass die Teilnehmer*innen insgesamt bis zu sieben Mal befragt werden können1. Die Daten der ersten Welle (2023) werden im differenzierte Herbst dieses Jahres im Rahmen einer Publikation veröffentlicht und digital Open Access verfügbar sein (Verbund Care Leaver Statistics 2025). repräsentativ Die CLS-Studie wurde angelegt, so dass auch differenzierte Aussagen über das Leaving Care junger Menschen aus Pflegefamilien möglich sind. Bei der ersten Befragung nahmen 2023 insgesamt 757 junge Menschen teil, davon lebten 257 zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung bei der Studie in Pflege- familien und 500 in Einrichtungen der Hilfen zur Erziehung. Die meisten der jungen Menschen aus Pflegefamilien waren zum Zeitpunkt der ersten Be- fragung 17 Jahre alt (28,3%) gefolgt von den 18-Jährigen (26,2 %). Die Teil- nehmer*innen die jünger oder älter waren machten jeweils weniger als ein Viertel aus, die 16-Jährigen 21,4%, 19-Jährigen 15,8% und 20 bis 21-Jährigen 8,5%. Der Großteil der jungen Menschen lebte mit zwei Pflegeeltern zusammen (74,3%), etwa ein Viertel mit einem Pflegelternteil (23,4%) und einige auch mit drei Pflegeelternteilen (2,3%) (Alle Daten: Verbund Care Leaver Statistics 2025). 1 Die Studie wird vom Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert, zunächst bis 2027. 47
Pflegekinder 1/2025 Teilhabe – eine mehrdimensionale Perspektive auf Übergänge ins Er- wachsenenalter aus der Wohngruppe In der CLS-Studie sind mit (angehenden) junge Menschen Care Leaver*innen gemeint, die sich im Übergang ins Erwachsenenalter befinden und abseh- bar oder Pflegefamilie ausziehen. Allgemein be- zeichnet der Begriff insbesondere junge Menschen, die eine Zeit in stationären Hilfen zur Erziehung (Care) gelebt haben und jetzt ohne diese Hilfen leben, sie also verlassen haben (Leaver). Menschen, die nach dem Auszug weiterhin Unter- stützung, Betreuung oder Assistenz bekommen sind beispielsweise ebenso Care Leaver*innen, da es um die Erfahrungen in den Hilfen zur Erziehung geht – und nicht um absolute Unab- hängigkeit von jeglicher Form von Hilfen. Obwohl es erst seit Mitte der 2010er Jahre eine verstärkte Forschung zum Leaving Care in Deutschland gibt, hat das Verständnis bereits einen kleinen Wandel erlebt: Stand zunächst häufig „Selbstän- digkeit“ (Strahl et al.2012) und „das Gelingen“ gemessen an Bildung und finanzieller Unabhängigkeit im Fokus (Berridge 2012), wird Leaving Care inzwischen inklusiver gedacht und Selbst- bestimmung sowie Teilhabe sind zu relevanten Kategorien geworden (Doll 2017; Strahl et al. 2021). Es wird zudem stärker berücksichtigt, dass die Er- fahrungen der Kindheit und des Jugend- alters, wie bei allen Menschen ebenso für Care Leaver*innen, längerfristig bio- grafisch von Bedeutung sind, nicht nur in der Phase des Übergangs. 48 Die CLS-Studie befragt die Teil- nehmer*innen kurz vor und nach dem Verlassen der stationären Hilfen zur Erziehung, nimmt also die Zeit des Übergangs in den Blick. Zentral geht es dabei um ihre Teilhabe und wie sich diese im Lebensverlauf entwickelt. Teilhabe wird in der Studie als mehrdimensionales Konzept verstanden, das auf die Frage- stellung und Kontext bezogen definiert werden muss (Bartelheimer et al. 2022) und nicht statisch ist. Für die Langzeit- studie wurden acht Dimensionen von Teilhabe definiert: Bildung, Arbeit, Finanzen, Freizeit, Gesundheit, Mitbe- stimmung, soziale Beziehungen und Wohnen. Im Fragebogen sind Fragen zu allen Teilhabedimensionen enthalten, wobei nach der aktuellen Lebenslage gefragt wird (zum Beispiel nach Unterstützung bei der Freizeitgestaltung oder der Planung der Zeit nach der Jugendhilfe), aber auch nach Wünschen und Aspiration (zum Beispiel, wie sie nach dem Auszug wohnen wollen). Zudem werden die Teilnehmer*innen gebeten, die eigene Lebenssituation anhand von Zustimmungsskalen zu bewerten. Teilhabe ist durch gesellschaftliche Bedingungen, individuelle Faktoren und Wünsche beeinflusst, wie beispielhaft anhand der Dimensionen Soziale Beziehungen, Wohnen, Bildung und Mitbestimmung gezeigt werden kann: Fehlende soziale Netzwerke können beispielsweise die Herausforderungen beim Finden und Mieten einer eigenen Wohnung erhöhen, da Wohnraum schwer zugänglich ist und bei der Bewerbung
(2007) als beeinträchtigen Hürden bestehen (bspw. Finanzierung, Bürgschaft der Eltern und das Ausfüllen von Formularen). Möglicherweise kom- men junge Menschen notgedrungen wieder bei den Eltern unter oder wohnen bei Freund*innen. Unter solchen heraus- fordernden Lebensumständen, lang an- dauernder Wohnungssuche, fehlender sozialer Unterstützung, prekären Wohn- bedingungen sind Bildungsabschlüsse, die oft in die gleiche Zeit fallen, gefährdet beziehungsweise brauchen junge Men- schen länger, was sich wiederum finanziell auswirken kann. Daraus hervor- gehende Belastungen können die Ge- sundheit zu Einsamkeit beitragen. Solche Zusam- menhänge von Benachteiligungen, die sich verstärken, werden von Wolff und ‚corrosive dis- De-Shalit advantages‘ beschrieben, also korrosive beziehungsweise zersetzende Benach- teiligungen. Ausschlüsse und Benach- teiligungen können dann zersetzend auf das Leben wirken (ebd., S. 121), wenn sie betreffen. mehrere Demgegenüber in zentralen Bereichen, wie zum Beispiel Mitbestimmung, zwar nicht die finanzielle Ausgangssituation verändern, aber das Wohlbefinden und die Handlungsfähigkeit junger Menschen verbessern und den Aufbau von hilfreichen Beziehungen fördern. Gerade in schwierigen Lebens- situationen ist von Bedeutung, dass Mitbestimmung ein grundlegendes Recht ist, welches ‚nicht an Voraussetzungen geknüpft ist und nicht ‚verdient‘ werden muss‘ (Wolf & Hartig 2013, S. 33). Dies zeigt exemplarisch die Wichtigkeit der Rechte junger Menschen für Teilhabe: Lebensbereiche oder kann Teilhabe Pflegekinder 1/2025 Sie können an den entscheidenden Punkten Benachteiligung und fehlende Unterstützung auffangen, so dass diese nicht kumulieren. Warum eine Langzeitstudie Lebensverlauf ? zum Care Leaver Statistics ist eine Lang- zeitbefragung. Die Teilnehmer*innen werden jährlich befragt, wobei die Themen und Fragen nur sehr wenig geändert werden. In der Forschung spricht man in diesem Zusammenhang von Langzeit- oder Panelstudien. Das Ziel einer Langzeitstudie ist, Ergebnisse durch wiederholte Befragungen im Zeitverlauf einzuordnen. Die in der CLS- Studie erhobenen Daten sollen Auf- schluss über die Prozesse des Lebens der jungen Menschen geben. Dieser Zugang orientiert sich am Konzept des Lebenslaufs als Institution, weil die Bio- grafien von Menschen gesellschaftlich geprägt sind, insbesondere die Über- gänge. Typisch institutionali- sierten Lebenslauf sind die alters- bedingten Veränderungen und Abfolgen im Status und Lebensgestaltung, bei- spielsweise der Besuch von Kita und Schule, das Erreichen der Volljährigkeit, Berufswahl, Partnerschaft und Familie in der Lebensmitte sowie das Erreichen der Rente. Die bisherige Forschung hat auf Problemlagen (Ehlke 2021, Schmid 2022, Parchow 2023) von Care Leaver*innen hingewiesen, die sich in der Biografie an verschiedenen Stellen auswirken können. Aus den letzten Jahren liegen mehrere Langzeitstudien vor, junge Menschen nach der Zeit in einer Pflege- familie befragt wurden (bspw. Okpych et für den in den 49
Pflegekinder 1/2025 al. 2018 Muir et al. 2019; Schmid 2022) sowie die Befragung junger Menschen, die eine Zeit in einer Einrichtung von SOS-Kinderdorf gelebt haben (Höfer et al. 2017). Belastbare und repräsentative Langzeitdaten junger Menschen nach der stationären Jugend- hilfe in Deutschland fehlen jedoch bisher (Erzberger et al. 2019). zur Situation Bisher hat die Forschung häufig die Probleme von Care Leaver*innen betont, die mit dem Aufwachsen „außerhalb der Familie“ zusammenhängen (z.B. Bränn- ström, et al. 2017). In Care Leaver Statistics wird jedoch berücksichtigt, dass ihre vielfältigen Lebensverläufe ebenso Ressourcen enthalten und die „Ab- weichung von der Normalbiografie“ nicht (allein) der Grund für Schwierigkeiten ist. In den letzten Jahren wurde zudem deutlich, dass institutionalisierte Lebens- verläufe in der Moderne insgesamt viel- fältiger, offener (Andresen et al. 2022) und mit Unsicherheiten verbunden sind (Stauber & Walter 2016). Mit dem mehr- dimensionalen Konzept der Teilhabe wird diesem Umstand Rechnung getragen: Die Situation der jungen Menschen wird in verschiedenen Lebensbereichen und Phasen des Übergangs untersucht und nicht nur anhand einzelner Kriterien. Damit kommen auch die Möglichkeiten in den Blick: Die Studienteilnehmer*innen werden unter anderem gefragt, ob sie Stärken und Vorteile durch ihre Er- fahrungen stationären er- zieherischen Hilfen haben. Diese Frage haben insgesamt 83 Prozent aller Befragten aus Pflegefamilien und Wohn- (Verbund Care gruppe beantwortet in den 50 Leaver Statistics 2025). Davon sahen 71,8 Prozent Vorteile darin, in der Pflegefamilie zu wohnen (ebd.). Solche Daten müssen zwar in den Lebensverlauf und andere Aspekte von Teilhabe einge- ordnet werden, zeigen aber beispielhaft, wie Ressourcen im Forschungsdesign der CLS-Studie berücksichtigt werden. Das Ziel ist, anhand der Abfolge von Ereignissen und Lebensumständen zu rekonstruieren, welche Schwierigkeiten wann und warum zu Benachteiligung führen – und unter welchen Umständen und mit welcher Hilfe junge Menschen diese bewältigen können. Schwierigkeiten zeigen Abfolgen Die jährlichen Daten aus der Befragung zur Teilhabe der (angehende) Care Leaver*innen von Ereignissen im Lebensverlauf in vier Ebenen. 1. im Zusam- menhang mit Übergängen stehen, wie zum Beispiel Umzüge, Schulwechsel, Abschlüsse, Beendigung von Hilfen, die Bildung eines eigenen sozialen Bezugs- raum und Berufsorientierung. Prozesse, die Die Situation der 2. jungen Menschen im Laufe der Zeit, wie ihre Gesundheit, die finanzielle Situation, Freizeitgestaltung, die Möglichkeit zur Mitbestimmung oder soziale Netzwerke. Wünsche und Pläne für die 3. Zukunft und wie diese in den folgenden Jahren verwirklicht werden können, zum Beispiel die gewünschte
Wohnform in der Zukunft, der angestrebte Schulabschluss oder Berufswünsche. 4. Subjektives Erleben, Bewert- ung und Wohlbefinden der jungen Menschen und wie sich dies im Lauf der Zeit entwickelt. Beispielsweise wird gefragt, wie sehr sich die jungen Menschen durch eine etwaige Erkrank- ung im Alltag eingeschränkt fühlen. Diese Ebenen beeinflussen sich wechsel- seitig, was gerade im Laufe der Zeit deutlich wird. Ausblick Dass die ersten Befragungen durch- geführt werden konnten, ist zuerst eine Leistung der jungen Menschen, die an der Studie teilnehmen. Daneben war und ist die Unterstützung von Fachkräften in den Jugendämtern und Pflegekinderdiensten, den Pflegeeltern sowie anderen Bezugs- personen, wie Eltern oder Bekannten eine bedeutende Säule. Damit die Studie Aussagen über die Lebensverläufe machen kann, ist es wichtig, dass mög- lichst viele junge Menschen weiterhin an den jährlichen Befragungen teilnehmen. Denn insbesondere im zeitlichen Verlauf können Zusammenhänge zwischen den Bedingungen und der individuellen Ressourcen und Bewältigung heraus- gearbeitet werden. Für die zukünftigen Auswertung geht es zudem darum, bei Verallgemeinerungen vorsichtig zu sein: Die Ausgangssituation und Biografien der Care Leaver*innen unterscheiden sich voneinander und Erlebnisse und Umstände wirken sich Pflegekinder 1/2025 trotz ist, wie viele der jeweils unterschiedlich aus. Es ist aber davon auszugehen, dass indi- vidueller Lebensverläufe auch gemein- same Schwierigkeiten und strukturelle Probleme des Übergangs sichtbar werden. Ein Beispiel für hieran anknüpfen Fragen jungen Menschen sich bereit für das Ende der stationären Hilfe fühlten – oder nicht – und wie viele als junge Volljährige zukünftig Hilfen zur Erziehung oder andere Unterstützung erhalten. Das Ziel der CLS-Studie ist es daher, gemeinsame Muster und Faktoren von Teilhabe sichtbar zu machen. Für die weiter- führende Auswertung zu Teilhabe in der Langzeitperspektive ist zum Beispiel von Interesse, wie sich der Auszug auf die objektive Lage (etwa Finanzen) von Care Leaver*innen auswirkt, was sie be- sonders belastet und welche persön- lichen Ressourcen vorhanden sind. Weitere mögliche Auswertungsperspek- tiven sind die Umsetzung von Plänen und Wünschen, also ob die jungen Menschen beispielsweise in die Ausbildung und die Berufe gehen können, die sie anstreben. Ob sich Teilhabe verwirklichen lässt, kann und muss also mit den CLS-Daten im Laufe der Zeit beurteilt werden. Marie Demant Wissenschaftliche Referentin bei der Internationalen für erzieherische Hilfen im Projekt „Care Leaver Statistics: Soziale Teilhabe im Lebensverlauf junger Erwachsener - eine Langzeitstudie“ Gesellschaft 51
Pflegekinder 1/2025 Literatur: Berridge, D. (2012). Educating young people in care: What have we learned? Children and Youth Services Review, 34(6), 1171–1175. https://doi.org/10.1016/j.childyouth.2012. 01.032 Andresen, S.; Bauer, P.; Stauber, B.; Walther, A. (2022): Doing transitions - die Hervorbringung von Übergängen im Lebenslauf. Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft; 68., S. 15-31. Bartelheimer, P., Behrisch, B., Daßler, H., Dobslaw, G., Henke, J., Schäfers, M. (2022). Teilhabe – Versuch einer Begriffsbestimmung. In: Wansing, G., Schäfers, M., Köbsell, S. (eds) Teilhabeforschung – Konturen eines neuen Forschungsfeldes. Beiträge zur Teilhabeforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978- 3-658-38305-3_2 Brännström, L., Vinnerljung, Bo, Forsman, Hilma,Almquist, Ylva B. (2017): Children Placed In Out-of-Home Care as Midlife Adults: Are They Still Disadvantaged or Have They Caught Up With Their Peers? In: Child Maltreatment, 22 (3), S. 205–214. Doll, A. (2017): Raus aus den Hilfen zur Erziehung und rein in ein selbstbestimmtes Leben. Sozial Extra, 41, S. 30-33. https://doi.org/10.1007/s12054-017- 0031-x 52 Ehlke, C. (2021): Leaving Care aus Pflegefamilien – Die Bedeutung von Hilfestrukturen und sozialer Unterstützung aus Sicht junger Erwachsener, Diskurs Kindheits- und Jugendforschung / Discourse. Journal of Childhood and Adolescence Research, 2-2021, S. 176-188. https://doi.org/10.3224/diskurs.v16i2.04 Momm, Manuela (2024): (Nicht) Jeder hat ein (Grund-)Recht auf Bildung!? Care Leaver und das Recht auf Bildung. In: Zeitschrift für Sozialpädagogik ZfSp, (1), S. 62–81. Pineau, V., & Busso, D. (2020). Youth perspectives on preparedness for the transition out of foster care. Children and Youth Services Review, 119, 105579. https://doi.org/10.1016/j.childyouth.2020. 105579 Strahl, B., van Breda, A.; Mann-Feder, V. (2021): Stationäre Kinder- und Jugendhilfe im internationalen Vergleich – Unterstützungsmöglichkeiten für junge Erwachsene und die Bedeutung von Care Leaver-Selbstvertretungen, Diskurs Kindheits- und Jugendforschung / Discourse. Journal of Childhood and Adolescence Research, 2-2021, S. 223- 239. https://doi.org/10.3224/diskurs.v16i2.06 Statistisches Bundesamt (Destatis) (2025): Seit 2017 erstmals wieder mehr junge Menschen in Heimen und Pflegefamilien. Pressemitteilung Nr. 435 vom 19. November 2024. Online verfügbar unter:
https://www.destatis.de/DE/Presse/Press emitteilungen/2024/11/PD24_435_225.ht ml Strahl, B., Mangold, K. & Ehlke, C. (2012). Careleavers – aus stationären Hilfen zur Erziehung in die Selbständigkeit. Sozial Extra, 2012(7) Pflegekinder 1/2025 Verbund Care Leaver Statistics (2025): Teilhabe und Zukunftswünsche. Ergebnisse der ersten Befragungswelle der CLS-Studie. Beltz Juventa., Weinheim/Basel Im Erscheinen. Buchrelease „Blickwinkel“ Perspektiven finden zusammen „Hallo Pflegefamilie“, „Ciao Pflegefamilie“ - zwischen diesen beiden Momenten, dem Einzug eines Kindes in eine Pflegefamilie und dem Auszug des dann jungen Erwachsenen, liegen meist viele Jahre, manchmal sogar mehr als zwei Jahr- zehnte. Was diese beiden Momente eint, ist ihre Einbettung in einen Prozess des Übergangs. Sowohl der Ankunft als auch dem Auszug eines Pflegekindes gehen intensive Phasen der Anbahnung und Ablösung voraus. Das „Hallo“ und „Ciao“ markiert also eher einen markanten Punkt in der Mitte des jeweiligen Weges. An- schließend folgt die Phase des An- kommens und des Einlebens in der neuen Situation und Umgebung. Beide Prozesse sind komplex. Sie fordern alle Beteiligten heraus, ihren Platz und ihre Rolle neu zu erkunden und zu definieren. Jede*r für sich und alle gemeinsam. Im Projekt „Blickwinkel“ hat sich eine Gruppe aus 23 Expert*innen diesen Übergängen sowohl biografisch als auch fachlich gewidmet: Ein Jahr lang haben 23 Careleaver*innen, Kinder und Jugendliche, die in Pflege- familien leben, Eltern, Pflegeeltern, Pflegegeschwister und Fachkräfte der Pflegekinderhilfe zusammengearbeitet und ihre Perspektiven zusammenge- tragen, um Inhalte für Bilderbücher zu entwickeln: Zwei Bücher für Pflege- familien, Zugehörige und alle weiteren Interessierten, die realistisch aber opti- mistisch auf die Übergänge in Pflege- familien vorbereiten - auf das Ankommen und auf das Careleaving. Pflegefamilien sind komplex. Sie sind ein Balanceakt zwischen zwei Familien, der leiblichen Familie und der Pflegefamilie und sie bewegen sich auf der dünnen Linie zwischen privatem Familienleben und öffentlicher Jugendhilfeleistung. Beteiligt sind viele. Häufig treffen unterschiedliche und teils konkurrierende Wünsche, Er- wartungen und Interessen aufeinander. Es ist herausfordernd alle Perspektiven aus- 53
Pflegekinder 1/2025 um einen Überraschungen reichend im Blick zu behalten und zu beteiligen. Die ersten Monate, rund um die Anbahnung und das Ankommen eines Pflegekindes in der neuen Familie sind eine besonders sensible Zeit voller neuer Erfahrungen, und Emotionen. Es bedarf viel Geduld und Empathie unbekannten Menschen in seiner Ganzheit kennen- zulernen und anzunehmen. Und auch das Kind, die Pflegegeschwister und die Eltern sind gefragt, das neue Umfeld, das neue Familienmitglied und die neue Situation zu erkunden und sich darin zu verorten. In dieser herausfordernden Zeit geben sich Momente der Freude, der Trauer, der Hoffnung und der Überforderung die Hand. Ähnlich verhält es sich mit dem Ende einer Hilfe. Auch diese Zeit wirft nochmal ganz neue Fragen und Be- ziehungsgefüge auf und bedeutet nicht nur für Careleaver*innen einen bedeuten- den Schritt, sondern auch für alle Be- teiligten eine große emotionale Verän- derung. Umso wichtiger ist es, alle best- möglich auf diese bevorstehenden Über- gänge vorzubereiten und sie eng darin zu begleiten: Mit ihnen sollte ein realistisches Bild gemalt werden von dem, was auf sie zukommt und das, ohne ihnen Angst zu machen. Denn eine gute Vorbereitung, die zu offener Kommunikation untereinander anregt, ist ausschlaggebend, um für ein Kind ein sicheres neues Zuhause zu schaffen, um eine zielgerichtete Hilfe leisten zu können und um gute Ablöse- prozesse in eine selbstbestimmte Zukunft zu gewährleisten. An diesem Punkt setzen die beiden ent- standenen Bücher „Blickwinkel auf das Ankommen – Hallo Pflegefamilie“ und 54 „Blickwinkel auf den Auszug – Ciao Pflegefamilie“ an. Sie greifen häufig auftretende Situationen, Momente und Emotionen unter allen im Hilfeprozess beteiligten Personen auf um Reaktionen, Emotionen und Handlungsweisen erklär- bar zu machen. Sie machen Mut und unterstützen in herausfordernden Momen- ten. Im Zentrum stehen dabei immer das Kind und der junge Mensch mit seinem gesamten Umfeld und der gesamten Familie. Alle Teilnehmenden im Projekt haben sich mit ihrer je spezifischen, biografischen Erfahrung in den Arbeits- prozess eingebracht. Durch das Zusam- mentragen unterschiedlichen Perspektiven passierte bereits im Kleinen, in der Arbeitsgruppe, wozu nun auch die Bilderbücher anregen sollen: dieser
Pflegekinder 1/2025 Careleaver*innen, Eltern und an alle weiteren Zugehörigen, Beteiligten und Interessierten. Am 19. September 2025 werden die beiden Bücher „Blickwinkel auf das Ankommen – Hallo Pflegefamilie“ und „Blickwinkel auf den Auszug – Ciao Pflegefamilie“ erstmalig im Rahmen eines Release Events vorgestellt. Die Veran- staltung findet von 15 bis 19 Uhr in der Spore Initiative in Berlin, Neukölln statt. Alle am Thema Interessierten sind herzlich eingeladen zu kommen, sich auszu- tauschen, mitzudiskutieren und sich zu vernetzen! Zu beziehen sind die Bücher anschließend über den Onlineshop des Kompetenzzentrum Pflegekinder. Verschiedene Erfahrungen dürfen neben- einander bestehen, Perspektiven werden geteilt und gewechselt, Verständnis wird geschaffen. Das Projekt und die ent- standenen Bücher zeigen, dass es möglich ist, alle Perspektiven an einen Tisch zu holen und gemeinsam etwas zu (er)schaffen!! Die Künstlerinnen und Illustratorinnen Eva Wünsch und Luisa Stömer (Büro Wünsch & Stömer) und der Texter Gregor Hinz haben die von den Teilnehmer*innen erarbeiteten Inhalte zu zwei kreativ gestalteten und anschaulichen Bilder- büchern verarbeitet. Durch knappen Text und auf Basis von großflächigen und vielfarbigen Illustrationen werden die verschiedenen Situationen dargestellt. So haben die Bücher das Potential, Inhalte auf visuellem Weg zugänglich zu machen und sich selbst, in der jeweils eigenen Situation, in den Illustrationen wieder- zufinden. Die Bilderbücher richten sich an Pflegeeltern mit ihren Pflegekindern, an Weitere Informationen und kostenlose Anmeldungen zur Veranstaltung über: kompetenzzentrum-pflegekinder.de/veranstaltungen/buch-release-blickwinkel/ „Blickwinkel“ ist ein Projekt des Kompetenzzentrum Pflegekinder e. V. in Kooperation mit Familien für Kinder gGmbH, PiB Pflegekinder in Bremen gGmbH und PFIFF Pflegekinder und ihre Familien gGmbH. Es wird gefördert durch die Aktion Mensch. Fiona Grasmann Projektleitung „Blickwinkel“, Kompetenzzentrum Pflegekinder e. V. 55
Pflegekinder 1/2025 Suchen und Finden Einige einführende Erläuterungen zu Inhalt und Funktionsweise der Literaturdatenbank zur Pflegekinderhilfe Vorwort Der folgende Beitrag wurde erstmals in unserer Ausgabe aus dem Jahr 2018 veröffentlicht. Daher beziehen sich einige Angaben im Text auf den damaligen Stand oder auf das Jahr 2018. Inhaltlich hat der Artikel jedoch nichts an Aktualität verloren: Die vorgestellte Literaturdatenbank zur Pflegekinderhilfe ist weiterhin online ver- fügbar, wird fortlaufend gepflegt und bietet auch heute noch eine wertvolle Orien- tierung für Fachkräfte und Interessierte. Wir freuen uns, diesen Beitrag erneut abdrucken zu können, um auf dieses wichtige der Wissens- sammlung und -vermittlung aufmerksam zu machen. Instrument Toni Engler Im Kern geht es um Wissensmanagement: wie wird das vorhandene, in Publikationen enthaltene Wissen verbreitet und zugäng- lich gemacht? Egal, ob nach den Erfahr- ungen und Sichtweisen von Pflegekindern und Pflegeeltern gefragt wird, oder ob ein Pflegekinderdienst die Bereitschaftspflege als neues Jugendhilfeangebot aufbauen will, oder ob auf höchster fachpolitischer Ebene eine Kommission zur Weiterent- wicklung der Pflegekinderhilfe die Arbeit aufnimmt – immer geht es wesentlich auch darum, die Ressource „Wissen“ zu nutzen und das beinhaltet auch, die mit diesen Themen befasste Literatur einzu- beziehen. Wer bei seiner Recherche auf die Webseite des Kompetenzzentrum Pflegekinder e.V. stößt, findet dort die „Literaturdatenbank zur Pflegekinderhilfe“ www.kompetenzzentrum- pflegekinder.de/literatur/ 56 Sie bietet einen frei zugänglichen und fortlaufend aktualisierten Nachweis von deutschsprachigen Publikationen zur Pfle- gekinderhilfe und kann in dieser Funktion als ein zuverlässiges Instrument zur grund- legenden Orientierung immer unübersichtlicher werdenden Publikations- landschaft dienen. in einer Nachgewiesen werden Publikationen unterschiedlicher Gattung und Herkunft - Monografien, Sammelwerke, Zeitschriften- aufsätze und Sammelwerksbeiträge sowie Graue Literatur - zu allen Themenschwer- punkten in der Pflegekinderhilfe. (sozial-)pädagogischer, Neben sozio- logischer, psychologischer und juristischer Fachliteratur, neben wissenschaftlichen Arbeiten und Forschungsberichten werden auch Veröffentlichungen von Institutionen und Organisationen aufgenommen. Es
finden sich Tagungsreader, Arbeitsberichte und -materialien, Methodenliteratur und Ratgeber ebenso wie Erlebnis- und Erfahrungsberichte von Betroffenen und Beteiligten. Zum Sammelgebiet „Pflegekinderhilfe“ gehört Literatur zu fachpolitischen und rechtlichen Fragen und natürlich werden auch historische und internationale As- pekte berücksichtigt. Zu beachten sind grundlagentheoretische Themen wie z.B. Sozialisations- und Bindungstheorie oder Trauma und Traumapädagogik und auch die vielen thematischen Zusammenhänge zu anderen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe (z. B. Hilfeplanung, Perspektiv- klärung, Zusammenarbeit mit Herkunfts- familien), zur Kinder- und Jugend- psychiatrie, zur Adoption oder zu anderen Arbeitsfeldern der Sozialen Arbeit – Beispiel Migration/interkulturelle Pädago- gik bei Gastfamilien für unbegleitete minderjährige Geflüchtete. Der Datenbestand wird ganzjährig fort- laufend bearbeitet und kontinuierlich er- weitert. Dies ist echte Grundlagenarbeit und ein wertvoller Service für alle in diesem Bereich tätigen Personen und Institutionen. Dieser Service besteht für die Literatur- produzent*innen darin, dass ihre Publi- kationen bekannt gemacht werden. Und für diejenigen, die Literatur zu einem be- stimmten Thema suchen, ergibt sich eine erhebliche Arbeits- und Zeitersparnis, da aufwendige Recherchearbeit entfällt. Die Datenbank bietet zu jedem Titel zu- verlässige bibliographische Daten sowie in der Regel eine Reihe von inhaltlichen Informationen: Inhaltsangaben, Inhaltsver- zeichnisse, bis hin zum Volltext. Pflegekinder 1/2025 Historisches Bevor der Literaturnachweis mit Hilfe internetbasierter Datenbanken möglich wurde, standen für die themenzentrierte Literatur-Recherche die klassischen an- alogen Hilfsmittel zur Verfügung: All- gemein- und Spezial-Bibliographien, Bib- liothekskataloge und Literaturverzeich- nisse in Büchern und Zeitschriften. Die gibt es teilweise heute auch noch; sie sind allerdings gegenüber elektronischen Lös- ungen erheblich im Nachteil (Aktualität, Erweiterungsmöglichkeiten, Verfügbarkeit, Such- und Bearbeitungsfunktionen). Als eigenständige Literatursammlungen zur Pflegekinderhilfe (früher: Vollzeitpflege oder Pflegekinderwesen) sind vor allem die Publikationen von Jürgen Blandow hervor- zuheben. Von ihm stammt die umfang- reiche Zusammenstellung „Literatur zum Pflegekinderbereich (Vollzeitpflege gem. § 33 SGB VIII)“. Ein aktueller und ein systematischer Überblick zur deutsch- sprachigen Literatur, Stand 30.06.2011.“, die ebenfalls auf der Webseite des Kom- petenzzentrum Pflegekinder e.V. zur Verfügung steht. 57
Pflegekinder 1/2025 Bereits drei Jahre früher hat Daniela Reimer ihre Literaturübersicht „Literatur zum Pflegekinderwesen“, Stand: August 2008“ veröffentlicht. Sie verfolgt damit das Ziel, eine Gesamtübersicht über die deutschsprachigen Veröffentlichungen der letzten 30 Jahre zum Thema Pflegekinder- wesen zu liefern. Auch diese Publikation ist online über die Webseite der Universität Siegen zu erreichen. Weitere aktuelle Literaturzusammenstel- lungen finden sich (gedruckt und elek- tronisch) z. B. in dem 2011 vom Dt. Jugend-institut (DJI) und dem Dt. Institut für Jugendhilfe und Familienrecht (DIJuF) herausgegebenen „Handbuch Pflegekin- derhilfe“ oder in den 2016 von der Inter- nationalen Gesellschaft für erzieherische Hilfen (IGfH) publizierten Expertisen aus dem Dialogforum Pflegekinderhilfe. Die Literaturdatenbank in Aktion Eine Literaturdatenbank speist sich vor allem aus zwei Tätigkeiten: Literatur- recherche und Literaturdokumentation. Zunächst müssen Publikationen gesucht und gefunden werden; anschließend werden sie nach bestimmten Kriterien ausgewählt und in den Bestand der Datenbank aufgenommen. Ab dann stehen sie den Nutzerinnen und Nutzern zur eigenen Recherche zur Verfügung. Für beide zeitlich aufwendigen und inhaltlich anspruchsvollen Tätigkeiten sind be- stimmte (Such-)Strategien und Routinen hilfreich, die sich im Prozess „by doing“ entwickeln und bewähren. Die Zugehörigkeit eines Titels zum Sam- melgebiet mag auf den ersten Blick einfach zu erkennen sein - wo Pflegekinderhilfe 58 drauf steht, ist auch Pflegekinderhilfe drin. Aber längst nicht bei allen Veröffent- lichungen wird bereits aus dem Titel der Inhalt wirklich deutlich. Ein aktuelles Beispiel: Der Titel „Verletzbar durch Elternschaft“ (Weinheim, Basel: Beltz Juventa 2018) weist nicht unbedingt einen Bezug zur Pflegekinderhilfe auf. Nimmt man den Untertitel dazu („Balance- leistungen von Eltern mit erworbener Elternschaft - ein Beitrag zur Sozial- pädagogischen Familienforschung“) ist ein Bezug schon stärker erkennbar. Aber erst ein Blick ins Inhaltsverzeichnis gibt Ge- wissheit: mit der „erworbenen Elternschaft“ sind Pflege- und Adoptiveltern gemeint. Dieser Titel gehört in die Datenbank. Und wer kommt auf die Idee, dass eine Mono- graphie zu „Drogentests in Deutschland“ (Wiesbaden : Springer VS 2018) sich auch auf die Pflegekinderhilfe beziehen könnte? Tut sie aber: Sie enthält ein Kapitel zu „Drogentests im Pflegekinderwesen - Das Beispiel Hamburg“ (S. 92 – 101). Bei dem gerade neu erschienenen zwei- bändigen und gut 1700 Seiten starken „Kompendium der Kinder- und Jugendhilfe“ (Wiesbaden: VS Verlag 2018) kann man erwarten, dass die Pflegekinderhilfe zu- mindest mit einem Beitrag vertreten sein wird. Diesen Beitrag gibt es tatsächlich und er wird als solcher in die Datenbank auf- genommen: Brita Ristau-Grzebelko: Pflege und Adoption. S. 841 – 852. In diesem „Kompendium“ finden sich allerdings noch weitere Beiträge, die zwar nicht aus- drücklich die Pflegekinderhilfe themati- sieren, die sie aber sehr wohl betreffen und deshalb auch in das Sammelgebiet ge- hören, wie z.B. der Beitrag von Christian
Schrapper zur Hilfeplanung (S. 1029 – 1044). Und natürlich sind die vielen Beiträge in diesem Handbuch zu Grund- satz- und Querschnittsthemen der Kinder- und Jugendhilfe auch für die Pflegekinder- hilfe relevant. ist es mit dem Aber wie folgenden, ebenfalls 2018 im Budrich Verlag heraus- gegebenen Sammelwerk mit dem Titel „Soziale Arbeit und soziale Frage(n)“? Der Band enthält Texte zu unterschiedlichen Themen der sozialen Arbeit. Und hier findet sich dann der Beitrag Michaela Laber: „Die Bedürfnisse der Pflegekinder unter dem Aspekt eines potentiellen Loyalitätskon- fliktes zur Herkunftsfamilie“ (S. 321 – 332). Diesen Text findet man nur mit Glück oder, wenn man hier sehr gründlich zu Werke geht! Der Wert einer Literaturdatenbank steht und fällt damit, wie anwenderfreundlich der Zugang zu den Datenbeständen gestaltet ist, wie übersichtlich die Datensätze und Titelinformationen präsentiert werden und welche Recherche-Möglichkeiten zur Ver- fügung stehen. Unverzichtbares Hilfsmittel hierfür ist ein systematisches Verzeichnis, das die zentralen Themenfelder des Sam- melgebietes aufschlüsselt und so bereits eine grundlegende Zuordnung der einzel- nen Titel ermöglicht. Die aktuelle Systematik zur Pflegekinder- hilfe umfasst 14 zumeist noch unter- gliederte Themenschwerpunkte, z. B. Theoretische Grundlagen, historische und rechtliche Aspekte, regionale und inter- nationale Aspekte, Pflegekinder und Pflegefamilien, Besondere Pflegefamilien / Pflegeformen, Methoden, Verfahren und Techniken, Aufgabenfelder und Arbeits- Pflegekinder 1/2025 bereiche, Organisationen und Institutionen, Kooperation mit/Bezüge zu anderen Ar- beitsfeldern der Jugendhilfe und der Sozialen Arbeit. Technisches Die technische Seite der Literatur- datenbank zur Pflegekinderhilfe wird durch das an der Universität Münster entwickelte Literaturverwaltungs-Programm litw3 ge- währleistet. Das litw3-Format ermöglicht es, dass die auf dem Web-Server des Kompetenz- zentrum Pflegekinder e.V. installierte Literaturdatenbank zur Pflegekinderhilfe von beiden Seiten her online verfügbar ist: Betrieb und Bearbeitung (Datenbank- Verwaltung und Dateneingabe) erfolgen ebenso online (und damit zeit- und ortsunabhängig) wie die Nutzung der (Recherche und Ergebnis- Datenbank ausgabe). Und litw3 stellt mit dem Autor*innen- und Schlagwortregister, der Standardsuche den Auswahl- möglichkeiten („merken“) die für die Aus- gabeseite wichtigen Funktionen zur Ver- fügung. und Eingabe, Verwaltung und Ausgabe der Datensätze Bevor eine Publikation in die Datenbank aufgenommen werden kann, muss geprüft werden, ob dieser Titel bereits in der Datenbank vorhanden ist (Vermeidung von Doppeleintragungen). Ist dies nicht der Fall, steht der Titelaufnahme nichts mehr im Wege. Für diesen bibliothekarischen Arbeitsschritt stellt die Datenbank eine Eingabemaske mit bis zu 14 Feldern zur Verfügung. Jeder Titeleintrag gliedert sich 59
Pflegekinder 1/2025 in drei Bereiche: zunächst die klassische Identifizierung der Titelaufnahme zur Publikation; dann ergänzende Inhalts- informationen mit Hilfe von Anmerkungen, abstracts und Verlinkungen zu Inhalts- verzeichnissen bzw. direkt zum Volltext. Anschließend kommt dann – gleichsam als bibliothekarische Königsdisziplin – die Zuordnung zur Systematik und die Ver- schlagwortung des Textes. Mit dem abschließenden Speichern des Daten- satzes gehört die Publikation zum Daten- bestand der Datenbank und steht sofort auf der Ausgabeseite zur Verfügung (hohe Aktualität!). ist Jetzt also zur Ausgabeseite und zur Präsentation der Suchergebnisse. Dafür bietet die Datenbank gleich eine Reihe von Funktionen und Vorgehensweisen an. Ausgangspunkt immer eine Such- anfrage. Die Eingabe von einem oder mehreren Suchbegriffen erfolgt über die Suchmaske der „Standardsuche“ mit ihren sieben, untereinander kombinierbaren Eingabe-Feldern für Verfasser, Titel, Schlagwort, Volltext, Erscheinungsjahr. Oder man nutzt das Autor*innenregister, das Schlagwortregister oder das syste- matische Verzeichnis, um nach be- stimmten Autorinnen und Autoren oder nach bestimmten Themen zu suchen. Egal, welchen Einstieg in die Datenbank ich wähle, der nächste Schritt ist immer die Auswahl geeigneter Datensätze aus der angezeigten Trefferliste und die an- schließende Weiterverwendung der ge- fundenen Daten (drucken, speichern, ko- pieren, exportieren o.ä.). Alle Titel, die mich interessieren kann ich entweder einzeln kopieren und in eine 60 andere Datei einsetzen; oder aber ich nutze die „merken“- Funktion: alle „ge- merkten“ Titel werden in eine Merkliste aufgenommen und können von dort z. B. über eine einfache Textdatei (txt) und ein Textverarbeitungsprogramm weiter bear- beitet werden. Nehmen wir als Beispiel eine Suchabfrage zu den regionalen Besonderheiten der Berliner Pflegekinderhilfe. Ich gehe in das Schlagwortregister, klicke auf „Berlin“ und erhalte 25 Treffer. Diese 25 Datensätze kann ich mir gesamt sofort in einer Text- Datei (Ascii-Datei) ausgeben lassen und von dort aus dann weiter verarbeiten. Ausblick Auch wenn die Literaturdatenbank zur Pflegekinderhilfe mit ca. 1350 Datensätzen inzwischen einen gewissen Umfang erreicht hat, sie behält den Charakter einer Auswahlbibliographie. Sie ist allerdings offen für weitere Entwicklungen und in vielerlei Hinsicht erweiterbar. Wünschens- wert wäre es, dass möglichst viele publizierenden Personen und Institutionen diese Literaturdatenbank kennen und durch entsprechende in ihrem Anliegen unterstützen, die Publi- kationen zur Pflegekinderhilfe möglichst vollständig zu erfassen und damit die Wissensbestände zur Pflegekinderhilfe möglichst umfassend zu dokumentieren. Informationen Dr. Gerhard Steege Kompetenzzentrum Pflegekinder e.V.
Pflegekinder 1/2025 Häufige Fragen in der Pflegekinderhilfe Wozu braucht es eine besondere Pflegeelternschulung? Seit über 20 Jahren gibt es in Berlin die formale Vorgabe, dass alle neue Pflege- eltern neben der Vorbereitung und den Eignungsgesprächen auch eine fest- gelegte Anzahl an Fortbildungseinheiten als Grundqualifizierung absolvieren müs- sen (aktuell sind es 100 Unterrichts- einheiten). Dabei spielt es keine Rolle, ob man befristet oder dauerhaft Pflegeeltern werden möchte, ob es sich um eine Verwandten- oder Fremdpflege handelt und welchen Bedarf die Kinder haben. Diese Schulung verstehen wir Fachkräfte als eine Art Handwerkskoffer, der neuen Pflegeeltern gereicht wird, damit das Zusammenleben mit hochbelasteten Kindern aus familiär schwierigen Lebens- situationen in der Pflegefamilie gelingen kann. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit dieser besonderen Qualifizierung wird in der Vorbereitungsarbeit immer mal wieder an uns Fachkräfte herangetragen und die Notwendigkeit der Teilnahme löst nicht bei allen Personen große Begeisterung aus. Ganz besonders im Rahmen der Ver- wandtenpflege, bspw. wenn das Kind be- reits einige Zeit in der Familie lebt, stoßen wir immer wieder auf Unverständnis über diese Vorgabe. Auch bei Pflegeeltern, die bereits eigene erwachsene Kinder haben, begegnet uns unter dem Motto „die Eigenen haben wir doch auch groß gekriegt“ eine große Skepsis in Bezug auf die geforderten Schulungsstunden. Wider- stand erfahren wir manchmal auch bei Pflegeeltern, die aus pädagogischen oder therapeutischen Arbeitszusammenhängen kommen. Ja, es ist eine andere Ausgangssituation und es macht einen Unterschied, wenn ich bereits seit Jahren mit dem Kind im Kontakt bin, vielleicht schon seit längerer Zeit mit einem oder auch dem (zukünftigen Pflege- )Kind zusammenlebe, wenn ich päda- gogisch qualifiziert und erfahren bin, wenn ich generell schon Erfahrungen im Zu- sammenleben mit Kindern habe, wenn ich… . Das kann unter Umständen das Zusammenleben mit einem Kind, welches Beziehungsabbrüche, Mangelerfahrungen und evtl. auch Gewalt erleben musste ein bisschen leichter gestalten. Allerdings ist dies kein Automatismus. Die Praxis zeigt immer wieder, dass Pflegekinder anderes und vor allem mehr brauchen als sicher gebundene Kinder. Und dass Pflegeeltern in der Regel. mehr benötigen als elterliche Intuition, denn diese allein reicht im Zusammenleben mit diesen Kindern nicht immer aus. Der Alltag mit einem Kind, welches nicht länger bei seinen leiblichen Eltern leben kann, fordert von allen annehmenden Pflegeeltern viel und stellt die Familien immer wieder vor größere, kleinere und manchmal auch riesige Herausforderungen. 61
Pflegekinder 1/2025 Um dem gewachsen zu sein - befristet oder dauerhaft - brauchen Pflegeeltern neben Geduld, Zuversicht, Vertrauen und Re- flexionsbereitschaft vor allen Dingen viel Unterstützung. Der Handwerkskoffer „Grundqualifi- zierung“ bietet eine Form der Unter- stützung. Pflegeeltern erhalten in dieser Schulung grundlegendes Basiswissen in Pflege- familien-Themen. Darüber hinaus haben sie die Möglichkeit bestimmte Inhalte in Fortbildungen spezifisch zu vertiefen und mit anderen Pflegeeltern in den Kontakt und in den Austausch zu kommen. Und gerade dieser Aspekt, der Austausch mit „Gleichgesinnten“, stellt erfahrungs- gemäß für viele Pflegeeltern einen ganz wichtigen „Fels in der Brandung“ dar, wenn es darum geht, die Aufs und Abs im Pflegefamilienalltag durchzuhalten. Und so bestärke ich alle Skeptiker*innen immer und immer wieder, offen in diese Schulung zu starten, darauf zu vertrauen, dass auch sie – wie ihre Vorgänger*innen – im Laufe der Grundqualifizierung erkennen werden, wie gut und sinnvoll es ist, Zeit in diese besondere Pflegeeltern- schulung zu investieren. Angelika Nitzsche Landesberatungsstelle Pflegekinderhilfe Vorstellung des Vertiefungsmoduls: Spielend kommunizieren Wir alle spielen und nicht nur im Kindes- alter. Das Spiel gehört zur Entwicklung eines jeden Kindes dazu. Im Spiel lernen wir zahlreiche Kompetenzen, wie Geduld, Resilienz und vor allem den Siegeswillen. Das Spiel kann Brücken bauen, besonders dann, wenn es mit anderen Menschen zusammen erlebbar gemacht wird. Auch in Pflegefamilien gehört das Spiel zum alltäglichen Erleben dazu und kann Bindung schaffen. Das Spiel ist aber auch ein Kom- munikationsimpuls, den es zu nutzen gilt. Wir reden miteinander, oft auch ohne Worte. In der Kommunikationswissen- schaft wird immer wieder die Körper- sprache betont. Paul Watzlawick, einer der bekanntesten Kommunikationswissen- schaftler hat einmal den Satz geprägt: „Man kann nicht nicht kommunizieren!“, was zu seinem ersten Axiom wurde. Diese theoretischen Grundlagen werden in diesem Seminar aufgegriffen, erklärt und vertieft. Neben den wissenschaftlichen 62
Grundlagen sollen aber die praktischen Einsatzmöglichkeiten erläutert und erprobt werden. Wir spielen und kommunizieren miteinander. Ich stelle neben geeigneten Spielen für alle Altersklassen auch verschiedene Kinderbücher vor, die Im- pulse für den Alltag sein können. Dieser Kurs soll auch zum Nachdenken anregen. Es gibt in unserem Leben zahlreiche Situationen, die Stress erzeugen und zu Streitigkeiten in Pflegefamilien spielen die Außenwirkung und die Ursprungsfamilien dabei eine zentrale Rolle. Diese Ausgangslagen werden und verschiedenen Szenarien spielerisch und kommunikativ erprobt. führen. Besonders ebenfalls aufgegriffen Ich bin Andreas Hagen-Penther und Schulleiter des PROCON College und bilde Erzieher*innen aus, hier als Dozent für die Pflegefamilien profitiere ich von den Er- fahrungen meiner Tätigkeiten. Außerdem bin ich Vater von zwei Söhnen, mit denen ich tagtäglich spiele und vor allem auch kommuniziere. Ich bin leidenschaftlicher Spiele- und Kinderbuchsammler, habe mittlerweile einen großen Fundus an ver- schiedenen Spielen und Kinderbüchern, die in diesem Seminar einsetzen möchte. Am Ende gibt es natürlich eine Literatur- und Übersichtsliste von allen an- gebotenen Materialien. ich Beginnen werden wir den Kurs immer mit einer Gefühlsabholsituation, die den Teil- nehmer*innen als Aufwärmung dienen soll. Ein Startpunkt zur Kommunikation und auch zum Spiel. Theoretische Grundlagen dürfen nicht fehlen, werden aber nicht den Pflegekinder 1/2025 Hauptteil der gemeinsamen Lernzeit ein- nehmen, sondern den Weg zum Probieren ebnen. Das gemeinsame Spiel, das Aus- probieren und Reflektieren stehen im Mittelpunkt. Dabei nutze ich verschiedene Methoden der Vermittlung, wobei das „miteinander voneinander“ der Motor der gemeinsamen Zeit sein wird. Gewinnen und verlieren verbinden diese Elemente miteinander und werden genau- so ausgewertet, wie die Übertragbarkeit in die jeweiligen Pflegefamilien. Bisherige Seminarteilnehmer*innen be- richten mir immer wieder, dass die Zeit wie im Flug verging. Auch dieses Erleben ist dem Spiel eigen. Friedrich Schiller sagte einmal in einem seiner zentralen Werke zur Erziehung „Über die ästhetische Erziehung des Menschen“: „Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“. Dieses Motto gilt auch für meinen Kurs in der Pflegefamilienausbildung „Spielend kommunizieren“. Ich freue mich, Sie auf diese Reise in die Spielewelt kommunizierend begleiten zu dürfen und wünsche Ihnen bis dahin viel Erfolg. Andreas Hagen-Penther Schulleiter PROCON College Dozent in der Grundqualifizierung für Vollzeitpflegepersonen 63
Pflegekinder 1/2025 Empfehlung „Was bleibt“ Ein Roman von Malou Berlin „Was bleibt“ ist die Geschichte von Jason, erzählt über 15 Jahre. Jason, der als er älter ist, nur noch Ron genannt werden möchte, lebt seit seinem dritten Lebensjahr in einer Pflegefamilie. Jasons Mama war zu seiner Geburt sehr jung und überfordert. Als sie ihn allein in der Wohnung lässt, um ihren neuen Freund zu besuchen, vermittelt das zuständige Jugendamt das kleine Kind zu Pflegeeltern nach Eisenhüttenstadt. Bei diesen liebevollen Menschen findet er endlich ein sicheres Zuhause. Im Laufe der Jahre ist die Familie immer wieder besonderen Belastungen ausgesetzt. Als sich dann nach Jahren herausstellt, dass Alkoholkonsum in der Schwangerschaft der leiblichen Mutter eine Rolle gespielt hat und bei Jason FASD diagnostiziert wird, scheint eine Grenze erreicht zu sein. Malou Berlin ist mit ihrem Roman „Was bleibt“ ein großer Wurf gelungen. Neben ihrer multiperspektivischen Erzähl- weise, die die Komplexität des Themas „Pflegekind“ allgemein und in Bezug auf den Bedarf und die Not von alkohol- geschädigten Kindern sehr realistisch ab- bildet, war hier eine Autorin am Werk, die spürbar seit vielen Jahren tief in der Materie steckt. 64 „Jasons“ gibt es viele, nicht nur in Pflegefamilien. Wie gut, dass es dieses Buch gibt! Denn dieser kraftvolle Roman macht Mut und gibt Hoffnung. Jason findet seinen Weg, begleitet und umgeben von liebevollen Menschen, die durchhalten und ihn nicht aufgeben. Angelika Nitzsche Landesberatungsstelle Pflegekinderhilfe © Jaron Verlag GmbH
Die Familien für Kinder gGmbH ist ein anerkannter freier Träger der Jugendhilfe und arbeitet überparteilich und konfessionell ungebunden. Information, Beratung und Vorbereitung für Pflegeeltern und Interessierte www.pflegekinder-berlin.de Information, Beratung und Qualifizierung für Kinder- tagespflegepersonen, Interessierte und Eltern www.kindertagespflege-berlin.de Fortbildungen für Pflegeeltern, Adoptiveltern, Kindertagespflegepersonen und Fachkräfte www.fortbildungszentrum-berlin.de Familien für Kinder gGmbH Stresemannstr. 78 · 10963 Berlin Tel: 030 / 21 00 21 - 0 · Fax: 030 / 21 00 21 - 24 E-Mail: info@familien-fuer-kinder.de www.familien-fuer-kinder.de Eine Einrichtung im Arbeitskreis zur Förderung von Pflegekindern e.V. Mitglied im Paritätischen Wohlfahrtsverband