3 Minuten für Gott … Liebe Gemeinde, „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ steht als Losung über dem neuen Jahr. Als ob wir das nötig hätten... Haben wir es nötig? Jahreslosungen klingen jedesmal anders. Mal sind sie provokant wie die letzte: sie gab auch dem Zweifel Raum. Ein andermal tröstlich: uns zeigend, wo wir hin- gehören. Auch als ethische Mahnung sind sie schon vorgekommen. Aber diese, so grundsätzlich?! Gut zu wissen, dass man sie aussuchte, lang ehe bekannt war, wie das Jahr sein wird. Von den Veränderungen, der allgemeinen Verunsicherung angesichts der Pandemie ahnte die Kommission nichts. „Barmherzig“ - ein uraltes Wort, um- gangssprachlich kaum noch verwen- det. Ein Blick ins Grimmsche Wörter- buch lohnt: Wer früher „barmte“, dem ging es dreckig. Jammern und Klagen wird so ausgedrückt. Damit verbindet sich nun der Wortteil „Herz“. Der Sinn verschiebt sich so ins Passiv, in die „Leide-Form“: Nicht ich gestalte, wirke, tue. Sondern etwas geschieht, dem ich ausgesetzt bin, das mich im Innern verändert. „Barmherzig“ entstammt dem Miteinander: Einen andern hat's getroffen, es geht ihm dreckig. Er/ Sie jammert und zerbricht unter der Situation. Und mein Herz sieht es, wird davon berührt, in der Tiefe erschüttert. Worte diesen Inhalts gibt es einige in der Bibel. Allen gemein ist, dass sie „unter der Haut spielen“, die Grenzen der Person durch- dringen. Bis hin zur Bedeutung, dass „Erbarmen“ und „Eingeweide“ dasselbe meinen. Das Geschick eines andern trifft nicht bloß meine Gedanken, es schlägt auf meinen Magen, bis ins Gedärm. Interessant bei unserm „barmherzig“ ist, dass es in der Bibel vornehmlich bei Gott steht, um seine Hinwendung zum Leidtragenden zu beschreiben. Gott ist in vielen Psalmen „barmherzig“. Also: innerlich bis ins Mark erschüttert, wenn sich Leidende betend an IHN wenden. Und ihnen deshalb beisteht, tröstet, hilft. „Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ Damit lässt Lukas einen Abschnitt der Bergpredigt enden, in dem es um unser Miteinander geht. Sein Kollege Matthäus geht da viel weiter. Der schreibt an derselben Stelle: Seid vollkommen, wie auch euer Vater vollkommen ist! Soweit wagt sich Lukas nicht hinaus. Denn mit der Vollkommenheit haben wir ja bekanntlich unsere Probleme. Ihm reicht „barmherzig“. Wenn wir das üben und uns dabei keinen Geringeren als Gott zum Vorbild nehmen. Wenn wir uns erweichen lassen vom Geschick des Mitmenschen, dann kommen wir nach Lukas gut durchs neue Jahr. Und einmal gar in Gottes Reich... 3