Heft null3 g r a u b e r g k u n s t A t e l i e r - i n s z e n i e r u n g W i l p e n a P o u n d sieben Farben Ateliergespräch mit Dirk Heerklotz Jil Koehn Schmuckdesign Mister Matthew

Editorial Willkommen im dritten Heft graubergkunst, meinem Digitalmagazin. Hier versammle ich meine Interessen innerhalb der bildenden Kunst und kuratiere sie in Heftform. In dieser Ausgabe finden Sie ein Ateliergespräch mit meinem Kollegen Dirk Heerklotz. Seine Arbeitsweise, insbesondere der Umgang mit Chaos und Ordnung hat unser Gespräch gelenkt. /// Jil Koehn ist Schmuckdesignerin mit einem ausgeprägtem Blick für Unikate als Artefakte, ihre Kollektionen sind schillernde Meisterwerke! Eine Fotostrecke zeigt eine Auswahl. /// Mister Matthew ist der Modeblog für Männer, der alles vereint: Fashion, Lifestyle & Interior, ein Besuch. /// Das Logo meines Künstlernamens schließt den Buchstaben -G- in einen Kreis, entworfen von der Designerin Ajete Alezai - Danke an dieser Stelle! Dank gilt auch dem Fotografen Thomas Fröhlich, der viele Shootings tapfer durchgestanden hat. Wilpena Pound ist im Übrigen eine Oase in den Flinders Ranges, einem geologischen Gebiet in Südaustralien. Viel Vergnügen beim Blättern!

leicht aber ernsthaft Ateliergespräch mit Dirk Heerklotz Grauberg Ich freue mich auf ein Ateliergespräch bei meinem Künstlerkollegen Dirk Heerklotz, er hat mich in sein Papieratelier eingeladen. Hallo Dirk, ich freu mich sehr, hier sein zu können, Grüß dich. Dirk Heerklotz Grüß dich. Grauberg Dirk, du hast ein Papieratelier, wir schauen hier ringsherum auf viele Arbeiten, die platziert sind, einige sind gerahmt, andere hängen lose an der Wand. Wir sitzen an deinem Zeichentisch, hier liegen Bleistiftzeichnungen auf Pergament. Man kennt dich als Künstler, der mit Objekten arbeitet und Malerei betreibt, insofern ist es interessant, dass wir in deinem Papieratelier sind. Führ das doch einmal aus, was bedeutet das ganz konkret? Dirk Heerklotz Ja, wie der Name schon sagt, ein Papieratelier liegt meiner Arbeit ganz nah, denn es ist der Träger, auf dem ich hier, in diesem Atelier arbeite. Also Zeichnungen, ist ja klar, und selbst Malereien, finden bei mir grundsätzlich nur auf Papier statt. Ich gehöre zu den Leuten, die Leinwand nicht besonders mögen. Grauberg Wenn man sich hier umschaut, hast du dich ganz minimalistisch eingerichtet, aber es gibt viele Fundstücke, die einen ganz klaren Bezug zur Natur haben. Ich erinnere auch frühere Atelier-Begegnungen, die ich mit dir hatte. Es finden sich in deinem Atelier auch immer ganz konkrete Elemente, die in deine Zeichnungen einfließen, aber worauf ich hinaus will: du sitzt oder stehst in deinem Atelier und zeichnest. Hast du die Objekte, die du anfertigst im Kopf? Sind deine Zeichnungen so etwas wie Studien, die zu Objekten hinführen, wie verhält es sich damit? Dirk Heerklotz Ja, das ist eine interessante Frage, die mich auch selbst schon lange beschäftigt. Das ist sowohl als auch miteinander verwoben. Ich habe grundsätzlich ein großes Interesse an Natur, aber nicht so, dass ich Natur einfach übersetze, sondern da ich sehr offen unterwegs bin, fließen viele Dinge aus meiner Umgebung in meine Arbeit ein und Dinge mit denen man sich umgibt, sind natürlich prägend.

Sie beeinflussen Gedanken und daraus entwickelt sich eine gewisse Bildsprache. Im Prinzip arbeite ich aber sehr instinktiv. Grauberg Ich weiß von dir, dass du jemand bist, der sehr viel Zeit mit und in der Natur verbringt, auch in der freien Natur übernachtet, daher folgende Frage: zu Beginn des zwanzigsten Jahrhundert gab es viel Bewegungen und Gruppen, die programmatisch Kunst und Natur miteinander versöhnen wollten. Vielleicht war das eine neue Perspektive - ob die dann wirklich neu war, ist sicher eine ganz andere Diskussion - aber fühlst du dich mit diesen Bewegungen verwandt, bist du ein Wandervogel? Dirk Heerklotz Nein, also für mich ist Natur ein Muss, um überhaupt kreativ sein zu können. Die Stadt würde mich auf Dauer völlig fertig machen. In der Natur sehe ich viel und das ein oder andere fließt in meine Formensprache ein. So habe ich zuletzt eine größere Serie gemacht, also Skulpturen, die nur aus Holzstangen bestehen. Ich war selbst überrascht, wie sehr diese Skulpturen dann an Bäume erinnern. Wie diese entstehen ist klar; im Entstehungsprozess arbeite ich wie ein Kind, einfach drauf los, auch aus dem Unterbewussten. Ab einem gewissen Punkt der Erkenntnis aber, formuliere ich die Formen dann ganz gezielt. So entwickelt sich etwas, wie ein Angebot für mich und dann geht meine konzentrierte Arbeit los. Dann sehe ich etwas, ich erkenne etwas und das formuliere ich dann aus oder verfremde es wieder. Das ist ein längerer Prozess. Aber eigentlich arbeite ich schon immer so. Mir ist das erst in den letzten Jahren immer bewusster geworden. Grauberg Ist das so, dass du bei dem Prozess den du gerade schilderst, etwas nachahmst und anschließend neu schöpfst, also erst Mimikry betreibst und dann zum Neuschöpfer wirst? Kann man das so zusammenfassen? Dirk Heerklotz Na, also Neuschöpfer würde ich für mich persönlich ablehnen. Da habe ich eine ganz andere Sicht auf die Dinge. Ich bin sicher, dass man nicht wirklich Neues schaffen kann. Ich bin aber ziemlich sicher, man kann Dinge, die man sieht, kombinieren. Der interessante Spruch „das Auge sieht was es sucht“ ist für diese Sichtweise passend. Verschiedene Sequenzen und Motive kann man verfremden, aber wirklich Neues schaffen - ich weiß nicht. Aber ein schöpferischer Akt ist es dann schon! Es ist sogar ein sehr schöpferischer Akt, aber weil deine Frage abzielt auf das Neuschaffen: es ist beim Arbeitsprozess alles enthalten, man muss es nur finden.

Du sprachst vorhin von Minimalismus. Ich gehe bei meiner Arbeit davon aus, dass am Ende eines durchaus langen Arbeitsprozesses ein reduziertes Ergebnis vorliegt, eines das aber sehr viel spricht. Das ist so, das fasziniert mich und ich finde häufig den Weg dahin. Aber es ist oft ein unbewusster Prozess, den ich erst ab einem gewissen Grad wirklich lenke, bezogen auch auf Formen und Farben und was sie für eine Wirkung erzielen. Ab diesem Punkt geht meine Arbeit los, die ich lenken kann, deren Richtung ich bestimmen kann. Ab hier kommen wir zur Frage der Aussage des Kunstwerkes. Dazu habe ich natürlich klare Vorstellungen und da beginnt der Prozess, auf den ich Einfluss nehmen kann, ganz bewusst. Im Vorfeld meines Arbeitsprozesses gibt es sehr viel Unterbewusstes. Beobachter irritiert das schon mal, da heißt es „schon wieder etwas Anderes, schon wieder etwas Neues, da muss man sich ja wieder von vorne einsehen“. Am Anfang hatte ich immer das Gefühl, das ist Kritik, aber mittlerweile sehe ich es anders und das ist halt mein Ding - diese Vielfalt, die entnehme ich auch aus der Natur. Grauberg Gut, dass du es ansprichst, das Wort Vielfalt. Es gefällt mir sehr im Zusammenhang mit deiner Arbeit. Dieser Prozess von dem du gesprochen hast, findet in deinem Papieratelier statt und wenn ich mich hier umschaue, dann gibt es eine wohlsortierte Ordnung, die ihren eigenen reduzierten Ansatz auch schon mitbringt. Wird bei dir kreative Welt in diverse Ordnungen neu sortiert? Und diese Ordnungen, die du vielleicht gar nicht beschreiben kannst und andere auch nicht, diese Ordnungen fließen dann, wie durch ein magisches System, das du als Künstler ja bist, angereichert auf dein Zeichenpapier? Ist das dann eine Erfindung oder Entdeckung? Dirk Heerklotz Ob das eine Erfindung oder eine Entdeckung ist, ist eine interessante Frage, aber die kann ich eindeutig beantworten - es ist natürlich eine Entdeckung. Ich bin selbst immer wieder überrascht, was es beim Arbeiten für Richtungen nehmen kann, das ist das Spannende daran, das treibt mich auch immer wieder neu an. Ich glaube es geht fast allen Künstlern so, dieses sich selbst überraschen beim Arbeiten. Grauberg Teil deines, ich habe es jetzt mal Ordnungssystem genannt, ist dein Bildarchiv, du nennst es visuelles Tagebuch. Da fließen dann zum Beispiel Bildelemente ein, ich verstehe es so, dass diese neu sortiert werden und Bestandteil deines Grundstockes werden, etwas wie das Fundament eines Hauses. Wie gehst du genau mit Bildvorlagen um, wie nutzt du sie ganz konkret? Bleibt es etwas Spielerisches auf das du zugreifen kannst oder ist es zwingend eine Vorlage aus dem Archiv?

Dirk Heerklotz Beides, ich muss aber sagen: gewesen, weil ich in der letzten Zeit immer mehr davon abgekommen bin und zum jetzigen Zeitpunkt das visuelle Tagebuch ruht. Ich fotografiere gar nicht mehr. Ich hatte das früher sehr intensiv betrieben, stellte bildnerische Merkwürdigkeiten fest, Brüche, Gegensätze und das war für mich der Impuls zum näheren Untersuchen, zum Fotografieren. Vieles davon ist in meine bisherige Arbeit eingeflossen und ist bis heute ein Hauptmerkmal. Wer aber die ganze Bandbreite meiner Arbeitsweisen kennt, weiß, dass es bei mir immer wieder Brüche gibt, bei denen man sich fragen kann: Wie kommt das, wie kommt der jetzt dazu? Das interessiert mich natürlich ungemein und das ist ein Wesenszug von mir. Was das Ordnungsprinzip betrifft - ich arbeite ja noch in einem anderen Atelier, in welchem ich Skulpturen baue und größere Malereien stattfinden. Dort herrscht die Katastrophe. Ich brauche beides, ich mag diese Gegensätze. Das Medium Papier und die Zeichnung erfordern eine gewisse Klarheit, Ordnung und Sauberkeit, das ist der Arbeitsweise geschuldet, das ergibt sich einfach so, aber ich liebe auch die Katastrophe. Grauberg Also Chaos und Ordnung sind Teil deines Systems. Ich will noch auf einen Punkt hinaus, der mit deinen künstlerischen Objekten zu tun hat. Denen ist so eine diebische Freude, so ein Spaß anzusehen, der darauf zurückweist, dass du im Atelier auch mit Spontanität umgehst, dass das nicht nur eine Eins zu Eins Übertragung von irgendwas ist, sondern, dass du spielerische Freude hast. Wie gehst du mit der Leichtigkeit um? Hast du es damit auch manchmal schwer oder ist es so, dass dir das ein ganz wichtiges Wesensmerkmal deiner Objekte ist, wie verhält sich das? Dirk Heerklotz Das ist hauptsächlich auch ein Wesensmerkmal von mir selbst und dann natürlich auch beim künstlerischen Arbeiten, ich kann nur so arbeiten. So eine gewisse Strenge und mich abquälen, das ist überhaupt nicht meine Welt. Ich würde das etwas einfacher so benennen: ich muss nicht unbedingt den geraden Strich hinkriegen, ich kann auch abbiegen, dann habe ich aber Freude. Ich reagiere immer auf Unvermögen, ich besitze auch eine ganze Menge an Unvermögen und ich habe begriffen, dass ist der Fundus! Dort geht’s ab und dort kann man Sachen entdecken. Man ist nicht festgefahren, man wiederholt nicht ständig irgendwas. So könnte ich ewig weitermachen, aber natürlich muss ich irgendwann mal schlafen.

Grauberg Sehr schön, das gefällt mir, das ist ein toller Gedanke. Also das JA zum Unvermögen als schöpferische Kraft, das ist doch super, das klingt fast wie ein Schlussgedanke für unser Gespräch. Ich will dich zum Abschluss noch fragen: Wann war es ein gelungener Ateliertag? Dirk Heerklotz Das ist eine schwierige Frage, hätte ich jetzt nicht gedacht. Muss ich ganz ehrlich sagen, eigentlich immer. Ich habe gelernt, auch mit einer gewissen Unzufriedenheit klar zu kommen; einfach zu sagen „hey, lass es doch jetzt“. Ich bleibe wegen einer Unzufriedenheit aber immer im Fluss. Wenn ich mich an einer Sache festgebissen habe und nicht weiterkomme, dann mache ich etwas Neues, dann entdecke ich etwas. So spare ich mir oft unnötige Quälerei. Dieses hin und her überlegen, welche Richtung soll es nehmen, es muss für mich leicht bleiben, aber ernsthaft. Grauberg Vielen Dank für das Gespräch.

JIL KOEHN ARTIST STATEMENT | THE FOREST OF DREAMS Die Fantasie kann als die Fähigkeit betrachtet werden, über die objektive Welt hinauszugehen. Sie beruht auf unserer Vorstellungskraft, die das Denken in allen seinen Formen, wie das Erinnern und das Visualisieren, ermöglicht. Die Fantasie gilt als Voraussetzung für Empathie, der Fähigkeit, sich in andere Menschen einzufühlen und ermöglicht zweckgerichtetes Handeln. Im Rahmen meiner Gestaltung thematisiere ich die Bedeutung der Fantasie auf Basis der Auseinandersetzung mit imaginären Orten und der Infragestellung von Wirklichkeit(en). Inspiriert durch Traum und Natur modelliere ich anhand von Naturfundstücken wie Baumrinden, Ästen, Moosen, Flechten und Edelsteinen Kompositionen, die eine irdische und zugleich überirdische Anmutung aufweisen. Mit einem eigens kreierten Verbundstoff – dem DIOMANT –, einem Abformverfahren und einem Hauch Magie, verleihe ich den Naturformen andersweltliches Leben. Aus der Kombination an bekannter Natürlichkeit und unbekannter Künstlichkeit, ergibt sich eine irritierende Materialität, die mir dabei dienlich ist, einen hohen Kontrast zwischen Imagination und Wirklichkeit herbeizuführen. Es entstehen Objekte von bizarrer Schönheit, die den Anschein machen, der Natur einer anderen Welt zu entspringen. Artefakte ferner Welten als Schmuckstücke besonderer Momente. Mein Schmuck ist eine Hommage an die Natur und ein Appell an das Träumen. Träume formen Gedanken, Gedanken formen Worte, Worte formen Handlungen, Handlungen formen Gewohnheiten, Gewohnheiten formen Charakter. Wir sind, was wir denken. Mit unseren Gedanken formen wir die Welt. Ich sehe meine Schmuckstücke als Erinnerungsträger der Bewusstwerdung der Bedeutung von Fantasie in unserem Leben. Meine Schmuckstücke dienen als Schlüssel zum inneren Paradies – mein definierter Wald der Träume – und gewähren einen Blick an jenen Ort, der allen gehört, aber jeder für sich gestaltet. Dreaming Jewelry!

Neel

Nahn

May

Kim