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DaheimSein2015_web

SEITE 90 PolyurethanKlebstoffe zur Verleimung. Die hierbei eingesetzten Diisocyanate sind zwar bei der Herstellung toxikolo- gisch ebenfalls nicht unbedenklich, blei- ben danach aber fest im Holzwerkstoff eingebunden und gelangen so nicht in die Raumluft“. Insgesamt gibt es keine Begründung für die Annahme, dass aus PMDI-gebundenen Holzwerkstoffpro- dukten Isocyanate über eine längere Zeit nach der Produktion ausgasen. Gründe sind unter anderem die gute Reaktions- fähigkeit von MDI mit den Holzbestand- teilen. Insgesamt liegt kein Beleg dafür vor, dass MDI oder andere Isocyanate aus den Holzwerkstoffprodukten über eine längere Zeit als die ersten Stunden nach der Produktion mit mehr als wenigen Nanogramm je Kubikmeter emittieren. Spektroskopisch auch über lange Zei- träume nachweisbare Isocyanatgruppen in PMDI-gebundenen Holzwerkstoffen scheinen nicht biologisch verfügbar zu sein. Dies gilt, kurz gefasst, auch für ein mögliches Folgeprodukt des MDI, das sogenannte Methyldiamin (MDA). Zwar besteht Bedarf, das Fehlen von MDA-E- missionen aus ausgehärteten Holzwerk- stoffprodukten wissenschaftlich besser abzusichern, eine Argumentation gegen eine weitere Zertifizierung PMDI-gebun- dener Holzwerkstoffe durch natureplus ergibt sich dadurch jedoch nicht. Verarbeitung und Bauschäden In vielen Literaturstellen wird die theoreti- sche Möglichkeit der Freisetzung von Iso- cyanaten aus Polyurethan beim Erhitzen über 200 °C genannt, also bei Temperatu- ren, die unter anderem bei der mechani- schen Bearbeitung von Holzwerkstoffen durch Bohren, Sägen, Fräsen und Schleifen entstehen können. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Kleber in den Holzwerkstoffen fein verteilt sind und ggf. freiwerdende Isocyanate sofort wieder auf reaktionsfähige Holzbestandteile treffen würden, so dass sie überwiegend gar nicht erst in die Raumluft gelangen. Da die Ge- sundheitsgefahren durch Holzstäube, die zumindest als potenziell krebserzeugend eingestuft sind, mindestens genauso hoch sind wie bei MDI/MDA, ist zudem davon auszugehen, dass in der professionellen Verarbeitung entsprechende Arbeits- schutzvorkehrungen getroffen werden. Eine vollständige toxikologische Bewer- tung einer Belastungssituation mit MDA im Innenraum beim Sägen von PMDI-ge- bundenen Holzwerkstoffen liegt nicht vor. Grundlegend wird aber auch für den priva- ten Bereich angenommen, dass beim Sägen ein größeres Risiko durch die Holzstäube als durch die MDA-Exposition besteht. Sollten PMDIgebundene Holzwerkstoffe in Folge eines Bauschadens durchfeuchtet werden, ist eine Freisetzung von MDI che- misch nicht plausibel. Dies unterscheidet PMDI-gebundene Produkte von mit For- maldehyd-Harz gebundenen Holzwerk- stoffen. Hier ist eine verstärkte Freisetzung – je nach Qualität des Harzes – die Regel. Brände stellen grundsätzlich eine Gefah- rensituation dar, da sich aus unterschiedli- chen Werkstoffen gefährliche Gase bilden können. Zweifelsohne wäre ein größerer Brand in einer PMDI-Produktionseinrich- tung oder in einer Holzwerkstoffprodukti- on mit PMDI-Binder ein kritischer Störfall. Toxische Gase bilden sich jedoch auch bei einem reinen Holzbrand oder einem Brand eines andersartig gebundenen Holzwerk- stoffs. Auch bei einem Brand in einem privaten Umfeld werden toxische Gase er- zeugt, ein Teil der toxischen Belastungen bleibt auch an der erkalteten Baustelle er- halten. Die gezeigten Daten geben aber kei- nen Hinweis darauf, dass bei einem Brand von PMDI-gebundenen Holzwerkstoffen grundlegend andere Gefährdungen beste- hen, als beim Brand eines anders gebunde- nen Holzwerkstoffs oder eines Naturholzes. Schlussbetrachtung und Fazit Zu mehreren untersuchten Fragestellun- gen ist die Zahl und die Aussagekraft der vorliegenden Studien zu PMDI-gebunde- nen Holzwerkstoffen und den eingesetz- ten Zwischenprodukten zwar verbesse- rungsfähig, insgesamt ergibt sich aus den untersuchten Daten aber keine zusätzliche Gefahr für die menschliche Gesundheit und die Umwelt durch den Einsatz von PMDI-Klebersystemen, die über die von Holzwerkstoffen mit anderen Klebersys- temen hinausgeht. Das heißt nicht, dass die Verarbeitung und Nutzung von mit PMDI gebundenen Holzwerkstoffen gänz- lich unkritisch ist. Ausgehärtete PMDI- gebundene Holzwerkstoffe können – wie alle Holzwerkstoffe – eine Vielzahl von Substanzen emittieren und sollten daher in ihrem Emissionsverhalten geprüft wer- den. Vermutungen, dass PMDI-gebundene Produkte in der Herstellung, Verarbeitung und Nutzung wesentlich kritischer zu be- trachten sind als anders gebundene Holz- faserprodukte, konnten jedoch nicht be- stätigt werden. Der Hauptgrund liegt wohl vor allem in der hohen Reaktionsfähigkeit der Isocyanate, die – im Unterschied zu PU-Schäumen – bei der Verarbeitung mit Holz sehr gut reagieren können und nahe- zu vollständig umgewandelt werden bezie- hungsweise abbinden. Ausführliche Informationen zu den natu- replus- Vergaberichtlinien allgemein und für Holzwerkstoffe im Besonderen finden sich unter www.natureplus.org/nature- plus/vergaberichtlinien/. Die Langfassung der Stellungnahme des Bremer Umweltin- stituts ist unter www.natureplus.org/nc/ en/current-news/current-news/ zu finden. Michael Köhler natureplus e.V. , Bremer Umweltinstitut Der Autor Diplom-Biologe Michael Köhler ist Mit- arbeiter des Bremer Umweltinstituts. Das akkreditierte Prüfinstitut führt Schad- stoffanalysen und Begutachtungen durch. Köhler ist Mitglied der unabhängigen Kriterienkommission des natureplus e.V., welche die Vergaberichtlinien des Vereins festlegt. www.bremer-umweltinstitut.de. Informationen Volker Lehmkuhl Presse- und Öffentlich- keitsarbeit Internationaler Verein für zu- kunftsfähiges Bauen und Wohnen – na- tureplus e.V. Verbandssitz: Kleppergasse 3, D-69151 Neckargemünd mail: lehm- kuhl@natureplus.org fon: +49 (0)7032 920670 www.natureplus.org

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