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DaheimSein2015_web

SEITE 78 Wie sind sie zum Beruf Tischler gekommen? Definitiv aus Liebe zum Holz! Ich habe schon als Kind mit Holz gearbeitet, Vogelhäuser gemacht, geschnitzt, mit der Laubsäge Holz geschnitten. Mit 13 Jahren habe ich meiner Oma zum 70. Geburtstag ein Schmuck- kästchen gebaut – sie war sehr gerührt. Deswegen fiel mir die Entscheidung sehr leicht: Schnuppern in zwei Betrieben, Lehre in Graz, Berufsschule in Fürstenfeld. In den drei Lehrjahren haben sich zwei Lieblings-Fachar- beiter herauskristallisiert, die mir durch ihre Liebe zum Beruf meinen Weg geebnet haben. Was fasziniert Sie am Tischlerberuf? Zwei Dinge: Zum einen das Material Holz. Holz ist Wärme. Das strahlt nichts Kaltes zurück. Es ist schön und natürlich. Es ist kein totes Material, es lebt. Und zum ande- ren ist es der Kunde. Ich schaue mir an, wie er lebt, erlebe seine Wohnsituation. Danach passe ich die Einrichtung an die Situation an. Denn was bringt mir eine Designerküche, wenn sie nicht funktionell ist? Der Kunde muss Freude haben mit dem Möbelstück und er muss damit arbeiten können. Es soll auch zeitlos sein, damit einem das Möbel- stück nach 15 oder 20 Jahren noch immer gefällt. Wo sehen Sie die Probleme ihres Berufstandes? Die Probleme gehen weit über unseren Berufstand hinaus. Wir leben leider in einer Wegwerfgesellschaft. Aber auf den Tischlerberuf bezogen ist das so: Die Möbel werden zu Billigstpreisen produziert, sind für vielleicht fünf Jahre (wenn überhaupt) ausgelegt. Dann sind sie kaputt, und wir haben eine Menge Müll produziert – nicht zuletzt wegen des vermehrten Gebrauchs von Kunststoffoberflächen. Sie sind inzwischen schon schwer von Massivholz zu unter- scheiden. Es kommt auf den Einzelnen an. Man muss sich die Frage stellen: Was habe ich für eine Einstellung zum Möbelstück? Um einen Vergleich zum Auto zu ziehen: Man gibt 30.000 bis 40.000 Euro für ein Auto aus, das ist nach fünf Jahren nichts mehr wert. Bei einem Möbelstück haben oft Generationen was davon. Mein Fazit: Als Tischler muss man sehr flexibel sein. Man muss schauen, dass man die alte Handwerkskunst am Leben erhält, und nicht mit der Wegwerfgesellschaft mitschwimmt. Wie haben sich die Anforderungen im Laufe der Zeit verändert? Heute gefallen den Menschen eher lockere, schöne Möbel. Es gibt weniger Nachfrage für verbaute Wände durch Schränke. Auch werden verschiedene Materialien miteinander kombiniert. Derzeit gibt es einen Trend zu matten Oberflächen. Häufig ist man dort gefragt, wo man kein handelsübliches Möbelstück mehr hinein- bringt, zum Beispiel bei Vorzimmerlösungen. Wie haben Sie auf diese Veränderungen reagiert? Man muss sich der Umgebung anpassen, aber trotzdem ideenreich sein, weil man die Menschen damit positiv überraschen kann. Was würden Sie einem/einer Jugendlichen raten, der mit der Tischlereiausbildung „liebäugelt“? Mein Vater hat damals zu mir gesagt: „Als Tischler ist man unterbezahlt. Der Verdienst ist gering. Aber wenn du eine Freude hast zum Beruf, ist das Geld nicht so wichtig“. Das war es für mich, ist es heute noch. Das gilt aber wahrscheinlich für alle Berufs- gruppen. Arbeit hört da auf, wo der Spaß und die Leidenschaft anfangen. Mehr unter: www.holz-lebt.at führt seit fast 20 Jahren seine eigene Tischlerei in Dornegg, nähe Laßnitzhöhe, Steiermark. Interview: Nicole Schwar Karl Knechtl

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