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DaheimSein2015_web

Manche Häuser wiesen auch 80 Jahre nach ihrer Errichtung beinahe noch vollständig ihre Tür- und Fensterbeschläge auf, vielfach waren auch noch Teile der ursprünglichen Bodenbeläge aus Linoleum vorhanden. Auch die Farbbefunde der Wände im Inneren über- raschten: Ging man ursprünglich von bau- zeitlich dezent ockerfarbigen Wandfassungen aus, konnten z.B. im von Architekt Gerrit Rietveld geplanten und ausgestatteten Haus Woinovichgasse 20 sehr feinfühlig differen- zierte und in vielen Räumen unterschiedliche Farbfassungen in Pastelltönen nachgewiesen werden. Im Zusammenspiel mit den ebenfalls überwiegend erhaltenen und raumweise un- terschiedlich gefärbten und nunmehr restau- rierten bauzeitlichen Linoleumböden ergab sich eine einzigartig schlichte Eleganz der frühen 1930er Jahre. Auch im Außenbereich wurde 1932 farblich experimentiert; die Ge- länder der vier Rietveld-Häuser waren bau- zeitlich mit einem Ölanstrich versehen, dem Aluminiumpulver beigemengt wurde. Seit 2011 werden die nunmehr von der WISEG (Wiener Substanzerhaltungs- ges.m.b.H. & Co KG) verwalteten Sied- lungshäuser durch das Architektenteam P.Good (Azita Goodarzi und Martin Praschl) instand gesetzt. Als erste Etap- pe wurden bis Juni 2012 die vier „Mus- terhäuser“ Woinovichgasse 16, 18 und 20 sowie das Haus Veitingergasse 85 in hervorragender Weise restauriert. Ne- ben der Konservierung und partiellen Neuherstellung der Architekturober- flächen konnten hier die historischen Farb- konzepte wiedergewonnen werden. Darü- ber hinaus wurden vor allem im Bereich der Fenster und Heiztechnik denkmalge- rechte thermoenergetische Verbesserun- gen vorgenommen, die eine Halbierung der Heizkosten ermöglichen. Die nächsten Restaurieretappen sind der- zeit in Vorbereitung und werden aufgrund der bisherigen Erfahrungen international gesehen ebenfalls hervorragende Ender- gebnisse bringen, denn wie meinte der Ar- chitekt Josef Frank schon 1932: „… so klein diese Bauten auch ihrem Umfang nach sind, so groß ist ihre Bedeutung.“ Werkbundsiedlung ist der Oberbegriff für experimentelle Wohnsiedlun- gen, die auf Initiativen unterschiedlicher europäischer Werkbünde errich- tet werden. Im Rahmen zeitlich begrenzter Ausstellungen aus dauerhaften und temporären Bauten werden aktuelle Möglichkeiten und Entwicklun- gen im Siedlungswesen exemplarisch dargestellt. Ihren Anfang hatten die Werkbundsiedlungen in den 1920er-Jahren. Die Mustersiedlungenwaren,nebendenFachzeitschriften,dieSprachrohreder neuen Baukultur. Neben der wohl bekanntesten, der Weißenhofsiedlung in Stuttgart, fanden weitere in der Tschechoslowakei, der Schweiz, in Italien, Österreich und Schweden statt. Mit den Werkbundsiedlungen wurde für die internationale Architektenschaft ein Raum für Experimente mit neuen Technologien geschaffen. Neben der Industrialisierung des Bauens durch Vorfertigung und neuen Bautechniken standen neue Wohnformen und Formen des sozialen Zusammenlebens im Mittelpunkt. Dazu gehörten am Anfang etwa Appartementhäuser für Alleinstehende, selbstbewirtschaftete Einfamilienhäuser oder besonders ökonomische Grundrisse im Geschos- swohnungsbau durch Vereinheitlichung und Typisierung. Damit einher ging eine neue ästhetische Formensprache, aufbauend auf Theorien und gestal- terischen Vorstellungen, wie sie damals an vielen Orten entwickelt wurden. Die Vorläufer die Werkbundsiedlungen waren die Werkbundausstellun- gen, die 1914 in Köln und 1924 in Berlin stattfanden und in denen die neus- ten Entwicklungen im Design präsentiert wurden. Solche Ausstellungen waren auch in den folgenden Jahren ein eigener Bestandteil der Werk- bundsiedlungen während der Dauer der eigentlichen Ausstellung. Nach der Hochzeit der Werkbünde bis 1933 und dem Unterbruch durch den Zweiten Weltkrieg wurden in den folgenden Jahrzehnten immer wieder Wohnungs- und Siedlungsprojekte unter Beteiligung des Werkbundes initiiert, die jedoch nicht als "Werkbundsiedlungen“ bezeichnet wurden. Zum hundertjährigen Bestehen des Deutschen Werkbunds hatte der Werkbund Bayern den Bau einer neuen Werkbundsiedlung in München, der Gründungsstadt des Werkbunds, initiiert. Auf Basis des städtebau- lichen Konzepts des japanischen Architekten Kazunari Sakamoto sollte ursprünglich ab dem Jahr 2007 mit dem Bau der der neuen Werkbund- siedlung "Wiesenfeld“ mit rund 500 Wohnungen nach Entwürfen von zwölf internationalen Architekturbüros begonnen werden. Am 4. Oktober 2007 wurde das Konzept des Architekten durch den Stadtrat der LH München abgelehnt und wird nicht mehr weiterverfolgt. Die bautechni- schen, sozialen, gestalterischen und ökonomischen Leitlinien wurden um Aspekten des umweltgerechten Bauens und der Grünplanung erweitert. Werkbundsiedlungen Le Corbusier & P. Jeanneret, Doppelhaus (Weißenhofsiedlung) nach der Sanierung Text: BDA Foto Titelseite: BDA, historisches Foto, Fotograf unbekannt

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